"Washington packt die iranische Wirtschaft an der Gurgel", so die Schlagzeile von Le Soir auf Seite eins. Heute greifen die neuen Wirtschaftssanktionen, die die USA gegen den Iran verhängt haben. Das ist eine direkte Folge des Ausstiegs der Amerikaner aus dem Atomabkommen. US-Präsident Donald Trump hatte diesen Schritt im Mai angekündigt. Dabei ist es so, dass die USA auch Unternehmen Sanktionen androhen, die mit dem Iran Geschäfte machen. Zwar hat die EU Gegenmaßnahmen angekündigt – auch, um europäische Unternehmen zu schützen. Viele Unternehmen werden sich wohl trotzdem den USA beugen; dies, um den Zugang zum amerikanischen Markt zu behalten. "Der Handel mit dem Iran kommt zum Erliegen", stellt denn auch De Standaard auf seiner Titelseite fest. Im ersten Quartal dieses Jahres sind die belgischen Exporte in das Land am Persischen Golf um fast 15 Prozent gefallen. Einige Unternehmen haben auch schon angekündigt, vor dem Hintergrund des amerikanischen Drucks ihre Filialen im Iran zu schließen.
"Die Methode Trump ist inakzeptabel", wettert Le Soir in seinem Leitartikel. Der US-Präsident kann nicht schnell genug das Erbe seines Vorgängers Barack Obama verschwinden lassen. Und im vorliegenden Fall destabilisiert er mal eben ein zentrales Land im Mittleren Osten. Klar: Der Iran der Ajatollahs ist ohne Zweifel ein abscheuliches Regime. Das Land spielt auch eine unendlich zynische Rolle im Syrienkonflikt. Die amerikanische Vorgehensweise ist dennoch nicht zu verteidigen.
L'Avenir sieht das ähnlich: Der Iran hat sich nach Einschätzung unabhängiger Experten bislang an das Atomabkommen gehalten. Natürlich darf man nicht allzu naiv auf das Regime in Teheran schauen. Was der US-Präsident da gerade macht, das geht aber gar nicht. Das Prinzip "Pacta sunt servanda", "Verträge müssen eingehalten werden", wird hier mit Füßen getreten. Allein deswegen muss Europa schon eine Gegenposition einnehmen. Auf die Gefahr hin, dass der Alte Kontinent ansonsten immer noch wie ein amerikanischer Vasall erscheinen würde. Es wird Zeit, dass Europa in erster Linie an sich denkt und nicht mehr seinen Kompass an dem der Amerikaner ausrichtet.
Asylanfragenhoch und Undercover-Online-Cops
"Es gibt ein plötzliches Hoch bei der Zahl der Asylanfragen", so derweil die Aufmachergeschichte von Het Laatste Nieuws. Die Zahl der Migranten, die in Belgien ein Bleiberecht beantragt haben, ist im Juli um fast ein Viertel gestiegen. Zum ersten Mal seit zweieinhalb Jahren gab es damit wieder über 2.000 Gesuche innerhalb eines Monats.
"Die Polizei darf ab jetzt verdeckt im Internet ermitteln", titeln L'Echo und De Tijd. Demnach dürfen Ermittler ab jetzt online eine falsche Identität annehmen, um zu versuchen, mit Menschen in Kontakt zu kommen, die in kriminelle Machenschaften verwickelt sein könnten. Dies zum Beispiel im Kampf gegen Drogenschmuggel, Kindesmissbrauch, Betrug oder Terrorismus.
Eine drogengeschwängerte Märchenwelt
Einige Zeitungen kommen zurück auf die Meldung, wonach es beim Tomorrowland-Festival in Boom zwei Drogentote gegeben haben soll. Dies hatte gestern exklusiv die VRT berichtet. Die zuständige Staatsanwaltschaft von Antwerpen hatte die Todesfälle später bestätigt; man gehe aber in beiden Fällen von einem natürlichen Tod aus, verursacht durch eine Kombination verschiedener Faktoren.
"Eine Untersuchung mit einer Woche Verspätung", stellt Het Laatste Nieuws aber fast schon anklagend fest. Tatsächlich geht der erste Vorfall schon auf das erste Festivalwochenende zurück, das zwischen dem 20. und dem 22. Juli stattgefunden hatte. Die Ermittlungen kommen also reichlich spät. Nach Erkenntnissen der Zeitung wurde jedenfalls im Blut der beiden toten Frauen Ecstasy nachgewiesen.
Und doch sollen sie nicht an den Folgen des Drogenkonsums gestorben sein?, fragt sich fast ironisch Het Nieuwsblad. Natürlich sprechen wir in solchen Fällen immer von einem "Zusammenspiel verschiedener Faktoren". Hier geht es wohl in erster Linie um Wortklauberei. Das hat wohl auch damit zu tun, dass das Tomorrowland-Festival bislang immer als vorbildlich galt mit seiner Nulltoleranzpolitik in Sachen Drogen. Jeder weiß aber, dass das ein Luftschloss ist, eine absolute Illusion. Die Märchenwelt, die das Elektro-Festival schaffen will, ist natürlich drogengeschwängert. Statt das Phänomen zu leugnen, sollte man eigentlich noch mehr in Prävention investieren; etwa Möglichkeiten schaffen, die Drogen testen zu lassen. Eine offensive Politik ist immer besser, als dass zwei junge Menschen sterben auf einem Festival, dass das Fest ihres Lebens werden sollte.
Eine richtige Debatte – zum falschen Zeitpunkt
Einige Blätter greifen noch einmal eine Diskussion auf, die auch schon in der vergangenen Woche geführt worden war: Eine Reihe von MR-Spitzenpolitikern hatte die Idee in den Raum gestellt, dass einige Politikbereiche wieder von den Regionen an den Föderalstaat zurückübertragen werden könnten. Gestern haben sich hochrangige Vertreter der CDH diesem Appell angeschlossen.
Die Leitartikler sind nach wie vor hin- und hergerissen: Reföderalisierung – ja, aber..., meint etwa L'Echo. Natürlich muss man feststellen, dass die bisher durchgeführten sechs Staatsreformen aus Belgien ein sehr komplexes Räderwerk gemacht haben, das in vielen Bereichen regelmäßig Sand im Getriebe hat. Beispiel Mobilitätspolitik: Wie soll man den Verkehr, vor allem rund um Brüssel, entstopfen, wenn man dafür vier Regierungen nebst diverser Kommunen unter einen Hut bringen muss? Stillstand ist definitiv kein Fortschritt. Da mag es tatsächlich naheliegend sein, dass man solche Zuständigkeiten, die Sprachgrenzen überschreiten, wieder zentralisiert. Viel wichtiger wäre es aber, endlich eine Normenhierarchie einzuführen. Sprich festzulegen, welche Entscheidungsebene im Zweifelsfall das letzte Wort hat.
Die Reföderalisierungsdiskussion ist nicht aus der Luft gegriffen, meint auch Het Laatste Nieuws. Die Frage lautet schlicht und einfach: Wie kann man dieses flügellahme Land wieder zum Laufen kriegen? Die Uhr auf das Jahr 1970 zurückzudrehen, das wäre mit Sicherheit die falsche Antwort. Das Ganze ist aber bestimmt eine Debatte wert. Nur nicht gerade jetzt, mitten im Sommerloch bei brütenden 35 Grad.
Roger Pint