"Traurig, aber stolz", titelt Het Laatste Nieuws. "Kleines Finale, aber große Generation", schreibt De Morgen. Und bei De Standaard heißt es: "Es ist vorbei, aber trotzdem Dankeschön".
Die 0:1-Niederlage der Roten Teufel im Halbfinale der Fußball-WM gegen Frankreich ist das Thema in der belgischen Presse. L'Avenir schreibt: Ganz Belgien hat daran geglaubt. In Gedanken sah man schon, wie Eden Hazard am Sonntag in Moskau den Pokal in die Höhe hält. Aber das Heldenepos in Russland endete am Dienstag, den 10. Juli, um 21:54 Uhr, in Sankt Petersburg. Es war die erste Niederlage der Belgier seit September 2016. Eine bedauerliche Niederlage, denn diese Goldene Generation hätte uns auf den höchsten Podiumsplatz des Planeten führen können, führen müssen. Niemals waren wir einem WM-Finale so nahe. Und es ist nicht sicher, dass sich eine solche Gelegenheit in den kommenden Jahrzehnten nochmals bietet, so L'Avenir.
Kam da der Volkscharakter durch?
Es war ein durchdachtes Spiel, analysiert Het Belang van Limburg. Die Roten Teufel waren von Beginn an zu 300 Prozent konzentriert. Die Belgier beherrschten das Spiel in der ersten Halbzeit mit schönem Ballbesitz. Und trotz Tonnen von Testosteron spielten sie klug. Sie ließen den Ball ruhig laufen und bewahrten einen kühlen Kopf. Das war schön, aber auch ein bisschen langweilig. Ein wenig Kühnheit wäre nötig gewesen. Anders als im Spiel gegen Brasilien war hier eine ganz andere Dynamik, viel ruhiger, suchender, weniger emotional. Mehr Schachspiel als Fußballturnier. Schlussendlich hatten die Franzosen unsere Taktik durchschaut und nahmen in der zweiten Halbzeit das Spiel in die Hand. Die belgischen Chancen blieben zu oft ungenutzt und trotz eines mutigen Spiels schienen die Roten Teufel ihren Siegeswillen verloren zu haben. Kam da wieder unser Volkscharakter zum Vorschein? Zweifelten wir zu schnell an unseren Möglichkeiten?, fragt sich Het Belang van Limburg.
Hut ab
Le Soir schaut in seinem Kommentar auch auf den Gegner: Wir haben ein taktisches, geschlossenes Spiel der Franzosen gesehen. Nicht besonders schillernd, aber eindrucksvoll in der Organisation, der Kontrolle und Effizienz. Eine französische Mannschaft, ganz wie ihr Trainer Didier Deschamps. Der Mann, der alles kontrolliert, sich allen Widerständen anpasst, hat ein Kollektiv erschaffen, das bereit ist, individuelles Talent in den Dienst des Allgemeinwohls zu stellen. Das ist die Quintessenz des modernen Fußballs, in dem es keinen Platz für Sentimentalitäten gibt und sich alles dem Resultat unterordnet. Hut ab, so Le Soir.
La Libre Belgique blickt zurück: Fast einen Monat lang haben die Roten Teufel Belgien vibrieren lassen. Die Begeisterung, die sie hervorgerufen haben, hat sich bis in die kleinsten Dörfer verbreitet. Und hat auch viele Menschen erfasst, die bis dahin nicht wussten, wer Hazard ist oder was ein "Abseits" bedeutet. Wir müssen uns bei den Spielern bedanken, die nicht nur sportlich, sondern auch menschlich Außergewöhnliches geleistet haben, appelliert La Libre Belgique.
De Standaard schreibt: Der Traum ist vorbei, aber der Sommer 2018 wird uns immer bleiben, die Wochen, als nichts unmöglich schien. Die Überlieferung wird die Heldentaten nur noch größer machen. Und auch nach gestern Abend kann niemand behaupten, dass es nicht der Mühe wert ist, zumindest zu versuchen, der Beste zu sein.
Trump schwächt Nato und EU – und Putin profitiert
Andere Zeitungen blicken auf den heute beginnenden Nato-Gipfel und die Forderung von US-Präsident Donald Trump an die Mitgliedsländer, mehr in die Verteidigung zu investieren. L'Echo meint dazu: Im Grunde genommen hat Donald Trump recht: Die USA stemmen zwei Drittel des Nato-Budgets und eine Anstrengung Europas wäre nicht zu viel verlangt. Mit seiner Rhetorik aber schwächt er die Nato und die EU – und man muss aber nicht lang suchen, um zu wissen, wer davon profitiert: Russland hat hegemoniale Visionen in Europa. Seit mehreren Jahren führt Moskau einen Hybridkrieg gegen die Nato. Um das Militärbündnis zu spalten, hat Wladimir Putin keine andere Lösung, als es von innen her zu zerstören. Teile und herrsche. Seine Propagandamedien Russia Today und Sputnik News erfüllen diese Rolle bestens. Genauso, wie links- und rechtsextreme Organisationen in Europa, analysiert L'Echo.
Zum selben Thema notiert De Tijd: Für Belgien, das gewohnt ist, seine Verteidigung über internationale Zusammenarbeit in der Nato zu organisieren, ist das eine unbequeme Situation. Nachdem es in zwei Weltkriegen vergeblich versucht hatte, neutral zu sein, baute Belgien seit 1945 immer auf die internationalen Institutionen. Von denen zwei – die EU und die Nato – ihren Hauptsitz in Brüssel haben. Trump hat die Idee internationaler Institutionen vollständig verlassen, untergräbt die Welthandelsorganisation, weigert sich, G7-Abschlusserklärungen zu unterzeichnen und zeigt sich als der gefühlskalte Geliebte der EU und der Nato. Nüchtern betrachtet hat Trump in einem Punkt aber tatsächlich recht: Wenn Länder, so wie Belgien, internationale Zusammenarbeit wirklich so wichtig finden, dann müssen sie auch ihren vereinbarten Beitrag leisten – wir tun das seit Jahren nicht, stellt De Tijd fest.
Volker Krings