Die meisten Leitartikel beschäftigen sich mit dem Wahlsieg von Viktor Orbán in Ungarn. Seine Fidesz-Partei holte fast 50 Prozent der Stimmen und erreichte damit eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament.
Für La Libre Belgique ist der Sieg Orbáns eine große Herausforderung. Der starke Mann aus Budapest stellt die europäischen Werte in Frage. Sein Diskurs ist nationalistisch, paranoid und fremdenfeindlich.
Orbáns "illiberale Demokratie" basiert auf einem autokratischen Machtverständnis, in dem der Wahlsieg ihm das Recht gibt, alle Kritiker zu Feinden zu erklären: die schwache Opposition, die Regime kritischen Medien, die Nicht-Regierungs-Organisationen und den ungarisch-stämmigen amerikanischen Milliardär George Soros.
Orbán repräsentiert eine identitäre, autoritäre und rückständige Rechte, deren Ideen im Widerspruch zum europäischen Projekt stehen. Wenn die EU es nicht schafft, dieser Entwicklung etwas entgegen zu stellen, dann sieht ihre Zukunft düster aus, meint La Libre Belgique.
In guten wie in schlechten Tagen…
Auch De Standaard nimmt Europa in die Pflicht. Europa findet keine Antwort auf die Herausforderung der Massen-Immigration aus dem Nahen Osten und Afrika. Jede weitere Wahl verdeutlicht diesen Vertrauensverlust. Auch wenn die Ungarn Orbáns Ansatz unterstützen, in ganz Europa ist das nicht möglich.
Orbán macht es sich einfach und reicht die Misere an die Nachbarstaaten weiter. Für Europa als Ganzes kann das nicht die Basis einer gemeinschaftlichen Strategie sein. Europa ist nämlich nicht nur eine Werte-, sondern auch eine Schicksalsgemeinschaft, in guten wie in schlechten Tagen.
Eine Union, in der die Mitgliedsstaaten sich nur an den massiven Geldströmen erfreuen, aber keine Lasten tragen wollen, ist nicht lebbar, glaubt De Standaard.
L'Echo notiert: Verschwörungstheorien, Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, dieses für Rezept hat funktioniert. Anstelle eines Wahlkampfs über Beschäftigung und Wirtschaftswachstum hat Viktor Orbán sein Volk in eine Psychose geführt. Da ist es egal, dass sein Land als erstes von europäischen Subventionen profitiert, stellt L'Echo fest.
Ehrlicher Weise muss man feststellen, dass Orbáns Politik der geschlossenen Grenzen Schule gemacht hat, analysiert Het Belang van Limburg hingegen. Denn welches europäische Mitgliedsland hat nicht erst kürzlich eine Verschärfung in Sachen Migrationspolitik in Angriff genommen?
Und deshalb werden Viktor Orbán wahrscheinlich keine Steine in den Weg gelegt, wenn er in den kommenden vier Jahren seine Idee einer "illiberalen Demokratie" weiter gestaltet. Und das mit Gesetzen, die das Konzept einer auf Werte basierenden Europäischen Union verhöhnen, prophezeit Het Belang van Limburg.
Die Zeit ist reif
De Morgen kommentiert die eskalierende Situation in Syrien nach dem Giftgas-Angriff auf die Rebellen-Hochburg Duma und einem möglichen Militäreinsatz der USA. Die Zeit ist jetzt reif für einen Waffenstillstand in Syrien, meint die Zeitung.
Mit mehr als einer halben Million Toten, hunderttausenden Opfern und vielen Millionen Flüchtlingen ist nach sieben Jahren genug gelitten worden. Entscheidet man sich jetzt für weitere Gewalt, dann droht früher oder später ein bewaffneter Konflikt zwischen den Großmächten, und der kann schnell eskalieren, meint De Morgen.
Gazet van Antwerpen stellt sich nach dem Tod des 23-jährigen Radprofis Michael Goolaerts so einige Fragen. Hätte das Rennen nicht gestoppt werden müssen? Hätten seine Teamkollegen nicht schon während des Rennens informiert werden müssen? Und hätte man nicht an der Zielankunft die Feiern absagen müssen?
Nur auf diese letzte Frage scheint die Antwort auf der Hand zu liegen, meint die Zeitung. Ja, man lässt nicht die Champagner-Korken knallen, wenn man weiß, dass ein Teilnehmer im Krankenhaus ganz in der Nähe in Lebensgefahr schwebt. Was die anderen Fragen angeht, ist die Antwort schwieriger.
Stürze sind gang und gäbe, und man kann nicht immer das Schlimmste vermuten und das Rennen stoppen. Wir können höchstens hoffen, dass die Radsport-Verbände in Zukunft ein Drehbuch haben, dass zumindest bei der Ankunft die Rituale angepasst werden, wenn etwas Schlimmes passiert ist. Wenn man es explizit vorsieht, dann kann das auch funktionieren, glaubt Gazet van Antwerpen.
Der Kunde ist König
In Belgien ist jeder dritte Neuwagen ein Geländewagen, ein SUV. Der Nachteil: Die Autos sind schwerer, weniger aerodynamisch und verbrauchen mehr als andere Fahrzeuge. Zu dieser Entwicklung meint Le Soir: Die Verantwortlichkeiten in diesem Teufelskreis sind schwer zuzuordnen.
Sicherlich sind die Automobilhersteller für die umweltverschmutzenden Produkte, die sie entwerfen und auf den Markt bringen, verantwortlich. Auch der Staat mit seiner zu lockeren Gesetzgebung trägt einen Teil der Verantwortung.
Aber wir müssen auch feststellen, dass in unserer freien Marktwirtschaft der Kunde König ist. Ob er sein Portemonnaie aufmacht oder nicht, das ist am Ende entscheidend.
vk/jp