"Wer hat die Schlacht um Ceta gewonnen?", fragt sich La Libre Belgique auf Seite eins. De Morgen titelt: "Paul Magnette zu Ceta: 'Geert Bourgeois war ein bisschen eifersüchtig'".
Das umstrittene Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada beschäftigt weiter die Zeitungen. Dabei ziehen sie vor allem Bilanz zu dem innerbelgischen Ringen um eine gemeinsame Position. Diese war am Donnerstag gefunden worden. Ceta kann jetzt morgen auf einem EU-Kanada-Gipfel in Brüssel unterzeichnet werden.
Wieder alles gut "à la belge"
Kommentierend meint dazu L'Avenir: Nach dem Sturm ist jetzt alles wieder gut. Und wie üblich fühlt sich jeder als Sieger. Die Opposition in Namur, Ecolo und PTB, verurteilt den Kompromiss. PS und CDH sind zufrieden mit dem, was sie erreicht haben. Die Liberalen zucken mit den Schultern und erklären jedem, dass sich nichts, wirklich gar nichts an Ceta verändern hat.
Selbst Bart De Wever hat sich wieder zu Wort gemeldet und unter anderem gesagt: "Ein schlechtes Theaterstück mit hervorragenden Schauspielern". Im Königreich Belgien ist halt immer alles wieder in Ordnung, was durch einen Kompromiss à la belge geregelt wird. Wie üblich. Selbst wenn man den Kompromiss nicht versteht oder nur zum Teil. Auch wie üblich, seufzt L'Avenir.
Het Nieuwsblad bemerkt: Der N-VA-Vorsitzende Bart De Wever hat sich erstaunlich zurückgehalten während der ganzen Ceta-Diskussion. Er hat lieber seine Minister und Staatssekretäre reden lassen, und auch die hielten sich weitgehend zurück. Das könnte Strategie sein. Denn es ist klar, dass nach diesem Streit um Ceta die Gemeinschaftspolitik wieder zu einem Thema bei den Wahlen wird. Es wird ganz oben auf der Agenda stehen. Die Frage ist, wozu das führen wird: zu einer echten Verbesserung unserer Staatsstruktur oder zu einer Calimero-Strategie der N-VA? Die Chance ist groß, dass es zum zweiten kommt, und die N-VA weiß, dass auch sie ohne ihr eigenes Zutun dann der große Sieger sein wird, so Het Nieuwsblad.
Paul Magnette – der kluge Rebell
De Standaard sieht Paul Magnette als den großen Gewinner des Ceta-Streits: Magnette ist die neue wallonische Nummer eins. Er weiß jetzt, welche Rolle er spielen kann. Um den Vergleich mit Griechenland zu ziehen: Er hat versucht, sich als der neue Varoufakis aufzuspielen, hat dann aber geschickt den Moment erkannt, in dem er die Rolle von Alexis Tsipras einnehmen musste. Der linke Rebell Tsipras ist in Griechenland immer noch an der Macht, der extreme Varoufakis ist längst kaltgestellt. Die Wallonen werden künftig dem Mann vertrauen, der Europa die Stirn bietet, dabei aber so klug ist, sein politisches Überleben zu sichern, glaubt De Standaard.
Bezogen auf die Deutschsprachige Gemeinschaft meint das GrenzEcho: Die Regierung der DG dürfte froh sein, dass die Diskussionen um Ceta endlich zu Ende sind. Der Ministerpräsident Oliver Paasch räumte selbst ein, dass das eine Nummer zu groß für die kleine DG war. Es mangelte an eigener Expertise und Einsatz. Die DG hatte nichts zu gewinnen und nichts zu verlieren. In der Tat hat sie nichts gewonnen. Weil sie sich gar nicht geäußert hat, beziehungsweise nur so getan hat als ob, urteilt das GrenzEcho.
Vorbild Mohamed Ali
Het Laatste Nieuws kommentiert die Ankündigung der Föderalregierung, die Zahl der Soldaten, die nach den Anschlägen von Brüssel zum Schutz der Öffentlichkeit auf den Straßen eingesetzt werden, um ein Drittel zu verringern: Bald wird weniger Khaki in den Straßen von Brüssel und Antwerpen zu sehen sein. Diese Nachricht kommt nicht zu früh und es sind auch nicht zu viele Soldaten, die jetzt wieder in ihre Kasernen sollen. Brüssel ist nicht Bagdad, Antwerpen ist nicht Tel-Aviv. Bei uns ist es sicherer ohne Khaki. Für uns sollte gelten: Wenn wir unsere Soldaten von den Straßen abziehen, ist das so, als wenn der Boxer Mohamed Ali seine Deckung nach unten zog. Das machte er nicht aus Ohnmacht, sondern zielbewusst und selbstsicher, meint Het Laatste Nieuws.
Bis 20 Uhr in die Bankfiliale
Die Wirtschaftszeitung L'Écho freut sich über die Ankündigung der Bank BNP Paribas Fortis, ab Januar Kunden bis 20 Uhr in ihren Filialen empfangen zu wollen und schreibt: Die Banken scheinen zu begreifen, dass es nicht mehr zeitgemäß ist, ihre Filialen um halb fünf zu schließen. Dadurch werden Filialen unattraktiv, im Zeitalter des Online Bankings gibt es längst andere Möglichkeiten, seine Geldgeschäfte zu erledigen. Doch wenn BNP Paribas Fortis die verlängerte Öffnungszeit bis 20 Uhr gut organisiert, könnte das ein Comeback für die Filialen sein. Die Bank könnte in der Gunst der Kunden steigen. Diese Entscheidung ist eine ganz andere als die von ING. Diese Bank will ja viele Filialen schließen. Das ist nicht der Weg, um Kunden für sich zu begeistern, urteilt L'Écho.
Bürger in der Pflicht
La Libre Belgique kommt auf 50 Jahre Entwicklungshilfe zurück und schreibt: Viele meinen ja, dass die Entwicklungshilfe nichts gebracht hat. Doch das ist falsch. Die Armut in der Welt ist zurückgegangen. Zwar nicht stark genug und nicht schnell genug, aber sie ist zurückgegangen. Statt sie als unnütz zu kritisieren muss die Entwicklungshilfe verbessert werden. Sie muss begleitet werden durch andere Maßnahmen, die über die eigentliche Entwicklungshilfe hinausgehen. Zum Beispiel: der Kampf gegen das Versickern von Entwicklungshilfegeldern, die Stärkung des fairen Handels, Schuldenerleichterungen, Verteidigung demokratischer Werte und der Rechtsstaatlichkeit überall auf der Welt. Die Bürger müssen ihre Regierungen unerlässlich an diese Dinge erinnern, findet La Libre Belgique.
Kay Wagner - Bild: John Thys/Belga