"Caterpillar glänzt durch Abwesenheit", titelt heute anklagend Le Soir. Vor allem die frankophonen Zeitungen sind wütend über das Verhalten der Verantwortlichen des US-Baumaschinenherstellers. Das Parlament hatte die Caterpillar-Direktion eingeladen, um im zuständigen Ausschuss die Gründe zu erläutern, warum der Konzern seine Niederlassung in Gosselies schließen will. Es erschien aber niemand. "Das ist ein Affront dem ganzen Land gegenüber", zitiert La Dernière Heure die wütenden Reaktionen von Abgeordneten. Und da sind sich tatsächlich auch alle Parteien weitgehend einig.
Caterpillar – Weiter Wut und Empörung
"Lieber Douglas", wendet sich Le Soir in seinem Leitartikel direkt an den Hauptgeschäftsführer des US-Baumaschinenherstellers. "Glaubt man dem Internet, dann sind Sie der große Boss von Caterpillar. Gesehen haben wir Sie noch nie. Auch jetzt nicht. Selbst ihre verschwindend unwichtigen belgischen Vertreter verstecken sich hinter fadenscheinigen Entschuldigungen, um nicht im Parlament aussagen zu müssen. Aber machen Sie sich keine Sorgen", meint Le Soir. "Sie sind da in guter Gesellschaft. Der Stahlmagnat Mittal und auch der Renault-Chef Schweitzer haben die Drecksarbeit immer anderen überlassen. Respektlos waren sie alle."
Die verschiedenen politisch Verantwortlichen überbieten sich derweil fast schon mit markigen Aussagen. "Wir können den Standort jederzeit enteignen", wettert etwa Raoul Hedebouw, der Sprecher der kommunistischen PTB, in Le Soir. In Belgien sei es nach wie vor viel zu einfach, Menschen auf die Straße zu schicken. "Die Wallonie ist entschlossen, die Kontrolle über das Werk zu übernehmen, wenn es denn wirklich geschlossen wird", sagt auch der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette. "Und wenn wir enteignen müssen…!", fügt der PS-Politiker hinzu.
"Jetzt aber mal langsam!", meint L'Echo in seinem Leitartikel. Gerade wollen offensichtlich alle Politiker ihren "Caterpillar-Moment". Alle drängeln sich vor den Pressemikrophonen, wollen den unsterblichen Satz prägen, mit dem sie allen Betroffenen aus der Seele sprechen. Ecolo will das so genannte Renault-Gesetz auf Zulieferer ausweiten, die PTB und die PS geben ihrerseits die Piraten und wollen Caterpillar enteignen. "Alles heiße Luft", wettert L'Echo. Und darüber hinaus zeigen diese Leute bei der Gelegenheit der ganzen Welt, wie wenig Ahnung sie vor Wirtschaftspolitik haben.
Belgien wegen Folter verurteilt
"Belgien hat noch zwei Jahre, um die Schande aus der Welt zu schaffen", so indes die empörte Schlagzeile von De Morgen. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat Belgien zum sage und schreibe 23. Mal wegen der katastrophalen Bedingungen in den geschlossenen Psychiatrieeinrichtungen des Landes verurteilt. Der Staat muss einem Mann aus Mechelen ein Schmerzensgeld in Höhe von 16.000 Euro zahlen - und zwar ausdrücklich wegen "Folter". Die Haftbedingungen von psychisch kranken Tätern kommen in regelmäßigen Abständen aufs Tapet. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat nun erstmals einen Staat direkt dazu aufgerufen, seine Politik innerhalb von zwei Jahren anzupassen.
Jetzt kriegen wir den Skandal endlich mal schriftlich, meint De Morgen sinngemäß in einem wütenden Leitartikel. Vor allem in den letzten Wochen haben wir unaufhörlich über unsere angeblichen Werte geplappert, Grundrechte, Freiheiten, etc. Dass es damit aber nicht immer so weit her ist, das zeigt dieser Skandal über die Unterbringung von psychisch kranken Straftätern. Denn es ist ein Skandal. Belgien bewegt sich hier auf dem Niveau von Polen oder Russland. Jede Demokratie muss sich daran messen lassen, wie sie mit den Schwachen umgeht. Und das hat nichts mit rechter oder linker Gesinnung zu tun. Hier hat die gesamte Gesellschaft versagt.
Endlich Aufnahmeprüfung für Medizinstudenten?
"Nichts steht einer Aufnahmeprüfung für Medizinstudenten noch im Wege", so derweil die Aufmachergeschichte von La Libre Belgique. Demnach dürfte also bald auch in der Französischen Gemeinschaft nach flämischem Vorbild der Zugang zum Medizinstudium über einen Eingangstest reguliert werden. "Endlich!", meint La Libre in ihrem Kommentar. Mit ihrer zögerlichen Haltung hat die Französische Gemeinschaft bislang allenfalls für viel Ärger und Rechtsunsicherheit unter den Medizinstudenten gesorgt. Zugleich führte die sture Position des Föderalstaates, im vorliegenden Fall der Gesundheitsministerin Maggie De Block, zu einem Ärztemangel im südlichen Landesteil. Belgien hat in den letzten Jahren vielen Studenten den Traum von einer Zukunft als Arzt gründlich verhagelt.
Beängstigende Geschichte auf Seite eins von Gazet van Antwerpen: "14-jähriges Mädchen wird mitten in Willebroek entführt", schreibt das Blatt. Het Nieuwsblad ist etwas präziser: "14-jähriges Mädchen entkommt einer Entführung", so die Schlagzeile. Das Mädchen gibt an, in Willebroek bei Antwerpen von einem Mann in einen Lieferwagen gezerrt worden zu sein. "Er zog mir einen Sack über den Kopf und schleifte mich mit. Es war wie eine Szene aus einem Krimi", sagt das Mädchen in Het Nieuwsblad. Der Täter fuhr dann los. Ein paar hundert Meter weiter konnte die 14-Jährige aber an einer Ampel die Tür öffnen und fliehen. Der Mann fuhr daraufhin einfach weiter. Das Mädchen ist in Sicherheit. Die Behörden nehmen den Vorfall sehr ernst.
"Belfius könnte Ethias übernehmen", schreibt die Wirtschaftszeitung L'Echo. Ethias hat anscheinend beim letzten Stresstest nicht ganz so gut ausgesehen. Deshalb prüft die Nationalbank, ob die Belfius-Bank die Versicherungsgesellschaft nicht übernehmen könnte.
Rote Teufel – Mission erfüllt
Das Foto eines Mannes prangt schließlich noch auf vielen Titelseiten: Es ist das Bild von Nationalstürmer Romelu Lukaku, der gestern Abend im Qualifikationsspiel gegen Zypern zwei Mal getroffen hat. Am Ende gewann Belgien sogar mit 3:0. "Lukaku beruhigt die Roten Teufel", titelt denn auch L'Avenir. "Und die Roten Teufel beruhigen ihre Fans", fügt fasst schon Le Soir hinzu. "Pflichtaufgabe erfüllt", meinen das GrenzEcho und La Dernière Heure. Einige Zeitungen sind aber nicht wirklich zufrieden. Für Gazet van Antwerpen waren die Roten Teufel trotz des Sieges "nicht überzeugend". Das Fazit von De Standaard: "Es gibt immer noch viel zu tun".
Roger Pint - Bild: Virginie Lefour/BELGA