"Das Wunder von Pieter Timmers", titelt Het Laatste Nieuws. "Heldenhaftes Silber von Pieter Timmers", schreibt Le Soir. Und Het Belang van Limburg belässt es bei einem einfachen "Super!" auf seiner Titelseite.
Die überraschende Silbermedaille des belgischen Schwimmers Pieter Timmers im 100-Meter-Freistil-Finale bei den Olympischen Spielen in Rio verzückt heute fast alle Zeitungen. Poster und Sonderseiten bringen sie zum Leben des 28-jährigen Limburgers, der erst spät zum Schwimmen kam, als Kind eine schlechte Motorik hatte und der 2013 noch wegen einer Atemwegserkrankung operiert worden war, wie Het Laatste Nieuws berichtet.
Timmers' Triumph greifen mehrere flämische Zeitungen auch in ihren Kommentaren auf. Het Laatste Nieuws findet: Das ist eine Silbermedaille, die Gold wert ist. Pieter Timmers hat sich nicht nur in die belgische Sportgeschichte geschwommen, sondern auch in alle Ratgeber zur Selbstentfaltung und alle Handbücher über Erfolgsmanagement. Es war keine Lektion im Schwimmen, die er uns gegeben hat, es war die Demonstration einer Lebensleistung, meint Het Laatste Nieuws.
Het Belang van Limburg schreibt: Das Wort "historisch" wird allzu oft missbraucht. Aber auf die vergangene Nacht passt es wie angegossen. Die Leistung von Timmers war nicht allein ein körperlicher Kraftakt, auch mental war er bärenstark. Wenn man uns fragt, verdient Timmers schon jetzt den Titel "Sportler des Jahres", jubelt Het Belang van Limburg.
Eine Scheibe abschneiden
De Morgen bemerkt: Bei aller Freude sollten wir nicht vergessen, dass Timmers ein Vollblut-Egoist ist. Seine Kollegen aus der Schwimmstaffel hat er hängen lassen, ist nicht mit ihnen geschwommen, weil er sich auf sein Einzelrennen konzentrieren wollte. Aber ist dieser Egoismus unbedingt schlecht? Egoismus wird viel zu oft und zu Unrecht als Schimpfwort gebraucht. Und für Topathleten ist er sogar nützlich. Von so einem Verhalten sollten belgische Sportler, sollten wir alle in Belgien uns eine Scheibe abschneiden. Zu gerne spielen wir den Underdog, und wenn wir plötzlich als Favoriten gehandelt werden, wie jüngst die Roten Teufel bei der Fußball-Europameisterschaft, kommen wir mit dieser Rolle nicht klar, so De Morgen.
Gazet van Antwerpen stellt fest: Die drei Medaillen, die belgische Sportler bislang bei Olympia gewonnen haben, sind das Ergebnis von Teamarbeit. Langjähriges Training, umfassende Betreuung, gut ausgestattete Sportstätten, das alles hat zu den Triumphen von Rio geführt. Investitionen in Spitzensport lohnen sich. Denn das Geld ist gut angelegt. Spitzensportler geben einem Land Ausstrahlung, werden Vorbilder für junge Menschen und bereiten uns allen Freude. Investitionen in Hochleistungssportler sind deshalb sehr wohl Investitionen, von denen die Allgemeinheit profitiert, glaubt Gazet van Antwerpen.
Dutroux polarisiert – auch noch nach 20 Jahren
Morgen ist es genau 20 Jahre her, dass der Kindermörder Marc Dutroux festgenommen wurde. Der Politiker Raoul Hedebouw von der belgischen Arbeiterpartei PTB hat mit einer umstrittenen Äußerung neuen Streit entfacht. Wenn die Mädchen, die Dutroux entführt hatte, Kinder reicher Leute gewesen wären, hätte man intensiver nach ihnen gesucht, hatte der Politiker in einem Interview gesagt.
La Libre Belgique empört sich darüber. Diese Aussagen sind falsch, respektlos und populistisch. Gefährlich populistisch. Neue Diskussionen um das damalige Verhalten von Polizei und Justiz wieder zu beginnen, zeugt von fehlendem Respekt gegenüber den Opfern und ihren Familien. Populismus bringt Politiker aller Richtungen dazu, die Grenzen des Anstands zu überschreiten. Raoul Hedebouw wird damit Mitglied im Klub von Trump, Orban, Kaczynski und Le Pen, urteilt La Libre Belgique.
Auch L'Avenir widmet sich dem Thema Dutroux: Die Äußerung von Raoul Hedebouw ist ein Zeichen dafür, dass Dutroux immer noch polarisiert. Das Ganze liegt zwar schon 20 Jahre zurück, aber es hat Belgien nicht nur grundlegend geprägt, sondern bleibt bis heute Quelle für Selbstzweifel und andauernde Debatten.
Polen auf dem Weg zur "Demokratur"
Le Soir blickt auf die politische Situation in Polen. Dort ist der Streit zwischen Verfassungsgericht und Regierung immer noch nicht beigelegt. Weiterhin hält sich die Regierung nicht an die Urteile des Gerichts. Dazu meint Le Soir: Nach Ungarn ist nun Polen dabei, die zweite "Demokratur" in der EU zu werden. Noch keine versteckte Diktatur, aber ein System, wo die politischen Kräfte, die demokratisch an die Macht gekommen sind, alles daran setzen, um Opposition auszuschalten. In dieser Situation ist Europa gefragt. Die EU darf nicht locker lassen in ihren Bemühungen, die polnische Regierung wieder zur Einhaltung der demokratischen Spielregeln zu zwingen. Der Wert der Demokratie in der gesamten Europäischen Union steht auf dem Spiel, so Le Soir.
Kay Wagner - Bild: Eric Lalmand/Belga