"Erdoğan verhängt den Ausnahmezustand", titelt La Libre Belgique. "Die Hexenjagd wird zur großen Säuberung", bemerkt Le Soir. "Erdoğan greift auf ein ganzes Arsenal an Maßnahmen zurück, um seine Gegner mundtot zu machen", hält De Morgen auf Seite eins fest.
Viele Zeitungen blicken mit Sorge auf die Entwicklungen in der Türkei. Nach dem gescheiterten Putsch hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan für drei Monate den Ausnahmezustand über das Land verhängt und sogar die Menschenrechtskonvention teilweise ausgesetzt. La Libre Belgique stellt mit Erschrecken fest: Innerhalb nur weniger Tage hat die Regierung in Ankara 60.000 Türken verhaften oder suspendieren lassen. Betroffen sind neben Militärs auch Richter, Staatsanwälte, Polizisten und Lehrer. Der türkischen Presse hatte Erdoğan ohnehin schon seit Längerem einen Maulkorb verpasst.
Le Soir hält fest: Der türkische Präsident geht nicht nur gegen die Putschisten vor, er setzt augenscheinlich alle Hebel in Bewegung, um bei der Gelegenheit alle politisch Andersdenkenden kaltzustellen. Wir Europäer protestieren zwar seit Tagen gegen die unverhältnismäßig harten Maßnahmen, allerdings scheinen unsere Einflussmöglichkeiten begrenzt. Sowohl in der Flüchtlingsfrage, als auch beim Kampf gegen die Terrorgruppe IS ist der Westen auf die Türken angewiesen. Dennoch meint La Libre Belgique: Es wäre falsch, Ankara bei den Blitzsäuberungen tatenlos zuzusehen. Die EU darf den Kopf nicht in den Sand stecken. Denn es sind unsere freiheitlich-demokratischen Grundwerte, die auf dem Spiel stehen. Flüchtlingsdeal hin oder her.
Nationalfeiertag offenbart Bruchlinien
"Strenge Sicherheitsvorkehrungen beim Nationalfeiertag in Brüssel", titelt De Standaard und zeigt Fotos von Scharfschützen auf den Dächern der Hauptstadt. Auch auf den Straßen waren zahlreiche Polizisten und Soldaten im Einsatz. Der mörderische Anschlag von Nizza hat viele Menschen hierzulande verunsichert. Die Folge: Es kamen deutlich weniger Besucher nach Brüssel als in den Vorjahren. Trotzdem findet La Dernière Heure: Die Belgier sind nicht in Panik verfallen, bei den Feierlichkeiten zum 21. Juli war in Brüssel viel los.
De Standaard findet zwar, dass die strengen Sicherheitsmaßnahmen notwendig und richtig waren. Dennoch fragt sich das Blatt, wie der Staat diese hohe Sicherheitsstufe auf lange Sicht aufrechterhalten will. Absolute Sicherheit gibt es nirgendwo. Mehr noch: Echte Freiheit ist immer mit einem gewissen Risiko verbunden.
Ein anderes Bild des Nationalfeiertags sorgt ebenfalls für Schlagzeilen: Der Streit innerhalb der königlichen Familie ist aufs Peinlichste sichtbar geworden, bemerkt Het Nieuwsblad. Neben König Philippe, Königin Mathilde und ihren vier Kindern war nur Prinz Laurent bei der Militärparade anwesend. Albert und Paola sowie Prinzessin Astrid sind der Veranstaltung ferngeblieben. Dass es zwischen Philippe und seinen Eltern Spannungen gibt, ist längst bekannt. Und Prinzessin Astrid boykottierte die Veranstaltung angeblich, um ihrem Bruder eins auszuwischen. Offenbar ist sie verstimmt über den Mangel an "interessanten Terminen", die sie im Namen des Königshauses wahrnehmen darf.
Gazet van Antwerpen findet das Verhalten skandalös. Immerhin erhält Astrid eine großzügige Dotation von 300.000 Euro im Jahr, Grund genug, am Hochtag der belgischen Monarchie in Brüssel zu sein. Het Laatste Nieuws gibt zu bedenken: In seiner Ansprache zum Nationalfeiertag hat König Philippe vor den Bruchlinien in der Gesellschaft gewarnt. Und das ausgerechnet aus dem Mund des Mannes, durch dessen eigene Familie solch offensichtliche Bruchlinien verlaufen, frotzelt die Zeitung.
In seiner Rede hat das Staatsoberhaupt auch vor Populisten und "falschen Propheten" gewarnt. Het Nieuwsblad greift diese Warnung auf und kritisiert die politische Führungsriege weltweit für ihren Mangel an Ideen und Perspektiven. Kein Wunder, dass immer mehr Menschen Rattenfängern hinterherlaufen.
EU-Kommission bringt belgische Politiker zum Schwitzen
"Die EU-Kommission erlegt Belgien ein zentnerschweres Klimaziel auf", titelt De Standaard. Bis 2030 muss das Land seinen Ausstoß von Treibhausgasen um 35 Prozent verringern. Föderale Ebene und Teilstaaten stehen nun erneut vor schwierigen Verhandlungen zur Verteilung der Lasten.
Nicht nur wegen der derzeit hohen Temperaturen werden unsere Politiker ins Schwitzen kommen, bemerkt De Morgen. Jetzt wieder ein gemeinschaftspolitisches Hauen und Stechen zu veranstalten, wäre angesichts der voranschreitenden Erderwärmung völlig fehl am Platz und darüber hinaus ausgesprochen kleingeistig.
Boom wieder Mekka der Dance-Jünger
Alle Zeitungen haben das belgische Mega-Event schlechthin im Blick. Heute startet in Boom bei Antwerpen das Tomorrowland, das weltweit größte Dance-Festival. Die besten und bekanntesten DJs der Welt legen dort bis Sonntag für bis zu 180.000 Feierwütige auf. Und wie Het Nieuwsblad hervorhebt, kommen die sogar von der anderen Seite des Planeten, aus Australien.
Alain Kniebs - Bild: Umit Turhan Coskun/AFP