"Lille heute belgisch", titelt L'Avenir. "Bitte schieß ein Tor, Eden Hazard", wünscht sich Het Nieuwsblad auf Seite eins. "Wegen des verletzungsbedingten Ausfalls von Jan Vertonghen muss es heute eine Notfall-Abwehr gegen Wales richten", bemerkt Gazet van Antwerpen. La Dernière Heure hofft, dass die Roten Teufel ganz Belgien "in den siebten Himmel" bringen.
Alle Zeitungen stehen ganz im Zeichen des EM-Viertelfinales, bei dem Belgien um 21:00 Uhr gegen Wales antritt. Weil der Austragungsort nur wenige Kilometer von der belgischen Grenze entfernt ist, werden bis zu 160.000 Fans der Roten Teufel in Lille erwartet. Die nordfranzösische Stadt dürfte damit fest in belgischer Hand sein. Aber nur die Allerwenigsten haben ein Ticket fürs Stadion. In die Fanzone von Lille passen "nur" 20.000 Zuschauer. Heißt: Die meisten werden sich das Spiel irgendwo in der Altstadt anschauen müssen. Angesichts des großen Ansturms rät die föderale Polizei deswegen Kurzentschlossenen davon ab, zum Match ins Nachbarland zu reisen. Außerdem ist mit massiven Verkehrsbehinderungen vor allem bei der Rückreise zu rechnen, wie Het Nieuwsblad betont. Der Tipp der Polizei: Wer auf Nummer sicher gehen will, der sollte sich das Spiel zu Hause in Belgien ansehen.
Bei aller Vorfreude auf ein großes Fußballfest blicken die Zeitungen natürlich auch auf die Spieler selbst - insbesondere auf die Sorgenkinder. Großes Pech hatte am Donnerstag Jan Vertonghen, der sich beim Training einen Bänderriss zugezogen hat. Die EM ist für ihn damit gelaufen. "Vertonghen out - geschwächte Verteidigung", analysiert Le Soir. Weil auch Thomas Vermaelen wegen einer Gelbsperre nicht auflaufen darf, muss Trainer Marc Wilmots jetzt improvisieren.
Het Belang van Limburg schreibt: Wir brauchen eine Notfall-Abwehr, um Gareth Bale und seine Waliser zu stoppen. Het Laatste Nieuws schlägt eine andere Lösung vor: Dann müssen Eden Hazard, Kevin De Bruyne und Romelu Lukaku eben ein Tor mehr schießen. Dem pflichtet La Dernière Heure bei: Auch wenn es am Ende 4:3 steht - Hauptsache, wir gewinnen und ziehen ins Halbfinale ein. Für einen der Roten Teufel wird es ein ganz besonderes Spiel sein: Kapitän Eden Hazard hat seine Profi-Karriere in Lille begonnen und will heute Abend in seiner zweiten Heimat wieder auftrumpfen und sogar noch eine Schippe drauflegen.
Bei aller Euphorie gibt L'Avenir zu bedenken: Auch wenn Fußball magische Kräfte in uns weckt, Wunder kann er noch nicht vollbringen. Selbst wenn Belgien Europameister würde, würde das nicht die sozialen Spannungen im Land verschwinden lassen. Die Obdachlosen würden weiter auf der Straße leben, die Kaufkraft der Bürger würde sich nicht erhöhen und auch der Regen würde nicht aufhören. Bei aller Schwarzmalerei will aber auch L'Avenir, dass die Roten Teufel gewinnen, damit das schwarz-gelb-rote Märchen weitergeht.
Die belgischen Streitkräfte der Zukunft
Abseits des Fußballs beschäftigen sich viele Blätter mit dem strategischen Zukunftsplan für die belgischen Streitkräfte. Nach dem Wunsch der Föderalregierung soll die Armee bis 2030 kleiner, dafür aber moderner werden, fasst es L'Echo zusammen. Insgesamt sollen 7.000 Stellen abgebaut und für neun Milliarden Euro neues Material angeschafft werden.
Ein Dorn im Auge ist unter anderem den Grünen der geplante Kauf von 34 neuen Kampfjets. Dazu meint Het Belang van Limburg: Selbstverständlich wünschen auch wir uns eine Welt ohne Krieg, in der man keine Armeen mehr braucht. Weil die Realität aber leider anders aussieht und unsere Sicherheit bedroht ist, müssen wir weiter in unsere Streitkräfte investieren. Die Zeitung begrüßt den Plan von Verteidigungsminister Steven Vandeput, mehr auf Klasse als auf Masse zu setzen. Dazu gehört auch eine intensivere Zusammenarbeit innerhalb von EU und Nato. Und dafür sind eben auch Kampfjets nötig. Denn man kann die "Drecksarbeit" ja nicht immer anderen überlassen, so Het Belang van Limburg.
Flämische Kultur: "Verhungern am langen Arm"
Über die Streichung öffentlicher Fördergelder empört sich Flanderns Kulturszene. Der zuständige flämische Minister hat die Gesamthöhe der Subventionen für Kunst- und Kulturschaffende um zehn Prozent gekürzt. Knapp 50 Musik- und Theatervereinigungen erhalten damit keine Förderung mehr durch die Flämische Gemeinschaft. Auch De Morgen stößt das bitter auf: Minister Sven Gatz lässt die flämische Kultur am langen Arm verhungern.
"Kollektives Gänsehautgefühl" nach dem ersten Akkord
Die meisten Blätter blicken schließlich auf den verregneten Start des belgischen Festivalsommers. Höhepunkt des ersten Rock-Werchter-Tages war für La Libre Belgique der Auftritt von Paul McCartney. Der Ex-Beatle sorgte schon mit dem ersten Akkord auf seiner Gitarre für ein "kollektives Gänsehautgefühl" bei den Zehntausenden Zuschauern auf der Festivalwiese, wie Het Laatste Nieuws berichtet. Da waren Verkehrschaos, Matsch und Gummistiefel ruckzuck vergessen.
Alain Kniebs - Bild: UEFA/AFP