Die Liste der Pannen in - wie es Betreiber und Atomaufsichtsbehörde immer wieder betonen - nicht-nuklearen Bereichen der belgischen Kernkraftwerke Tihange und Doel ist lang - erschreckend lang: Brände, Explosionen, Risse, Lecks... Immer wieder schalten sich die Meiler ab oder werden vom Netz genommen und wieder hochgefahren.
Im AKW Tihange ist Reaktorblock 1 seit Samstag wieder am Netz. Der genauso umstrittene Atomreaktor Doel 3 soll am 6. Januar wieder in Betrieb genommen werden. Ursprünglich sollte das zu Wochenbeginn geschehen. Doel 3 war am ersten Weihnachtstag abgeschaltet worden, nachdem an einer Heißwasserleitung im konventionellen Teil des Kraftwerks ein Leck entdeckt worden war. Kein größeres Problem, versichert Electrabel, es bestehe keine Gefahr.
Keine Gefahr? In Belgien sieht eine Mehrzahl der Bürger die Unglücksserie und den Umgang der Verantwortlichen damit gelassen. Proteste gibt es kaum, sogar viele Medien berichten seltsam distanziert und unaufgeregt. Hauptsache: Es gibt kein Blackout. Die zuständigen Behörden und Politiker können schalten und walten, wie sie wollen. Informationen gibt es zumeist nur auf Nachfrage und in homöopathischer Dosierung.
Jenseits der Staatsgrenzen, in den Niederlanden und vor allem in Deutschland, tobt hingegen ein Sturm der Entrüstung. Längst steigen dort nicht nur die eingefleischten Atomkraftgegner auf die Barrikaden. Das Bündnis gegen Tihange und Doel ist breit. Von ganz links über die Mitte bis ganz rechts will man nur eines: dass die in die Jahre gekommenen Pannenreaktoren abgeschaltet werden.
Aber Belgien ist souverän in dieser Frage. Rein rechtlich kann niemand dem Königreich hineinreden in das Kernkraftgeschäft: Es ist eine nationale Angelegenheit. Trotzdem: Inzwischen hat sich sogar die deutsche Bundesregierung eingeschaltet, Umweltministerin Barbara Hendricks fand harsche Worte. Die Vorsitzende des Bundesausschusses für Reaktorsicherheit, Bärbel Höhn forderte, mehr Druck auf die belgische Regierung auszuüben. Die Probleme müssten auf Ministerebene besprochen werden. Und: Es sei skandalös, dass Belgien über die Störfälle unzureichend informiere.
Belgische, niederländische und deutsche Nuklearexperten, von Hause aus Aktomkraftbefürworter, läuten ebenfalls die Alarmglocken. Besonders schockierend ist die Tatsache, dass baufällige und störanfällige Teile der Anlagen nicht vorsorglich instandgesetzt werden, sondern erst repariert werden, wenn ein Unglück passiert ist.
Dass Deutschland und die Niederlande jetzt endlich Tacheles reden, ist richtig und verständlich. Das hat mit oberlehrerhaftem Verhalten, wie viele belgische Landsleute es formulieren, nichts zu tun. Sondern mit dem Wissen darum, dass ein ernsthafter nuklearer Unfall, geschweige denn ein Supergau, grenzüberschreitend Millionen Menschen treffen würde: Belgier, Deutsche, Niederländer, Luxemburger, Franzosen...
Aber in Belgien regiert die mächtige Atomlobby und damit das große Geld. Electrabel streicht gigantische Gewinne ein und lässt nicht wenige daran teilhaben. Die Föderalregierung setzt nach dem Entscheid für die Laufzeitverlängerung der maroden Atommeiler weiterhin unbeirrt auf Tihange und Doel. Das ist im höchsten Maße verantwortungslos und gefährlich.
Warum seid ihr so fahrlässig, fragt ein Diplom-Ingenieur die politisch Zuständigen auf Facebook. Und der Beitrag wird hundertfach "geteilt", wie es in den Sozialen Medien so schön heißt.
Warum so fahrlässig? Vermutlich, weil die Gier den Verstand und den Anstand längst bezwungen hat. Und keineswegs, weil bei einem Aus von Tihange und Doel ein Blackout zu befürchten wäre. Denn die Nachbarn könnten helfen. Sie würden es gerne tun.
Rudi Schroeder - Foto: Achim Nelles/BRF
Es ist ja schon erschreckend, wie deutlich aus diesem Kommentar herauskommt, dass der Autor einfach gar nicht die technische Expertise verfügt, um die Situation korrekt einschätzen zu können. Die Ablehnung ist aufgebaut auf Vorurteilen, kategorischem Misstrauen, Unfähigkeiten zur Relativierung. Solche Denkmuster sind schon recht langweilig, aber gefährlich.
In jedem konventionellen Großkraftwerk explodiert hin und wieder mal was, kommen sie doch mal ins rheinische Revier. Der nukleare Teil von Tihange ist momentan eines der meist beobachteten Anlagen europaweit.
Eine RESA ist ein absolut zulässiger Vorgang und hat keinerlei Einfluss auf die Sicherheit, im Gegenteil, da er zeigt, dass die Sicherheitsysteme funktionieren. Und wenn man den Reaktor vom Netz nimmt, um am Dampferzeuger zu werkeln, passiert im nuklearen Teil fast gar nichts.
Aber, auch solche Fakten nehmen Ihnen nicht die Angst, da Emotionen halt kaum zu beeinflussen sind. Nur sollte man sie erst recht nicht in ne Debatte einfließen lassen.
"Was reitet die Verantwortlichen in Belgien" ? Simpel - "Money, makes the world turn around" und Electrabel, GDF/Suez + die Regierung garantiert - die interessiert es keinen feuchten Schimmer ob oder ob nicht, alles was zählt sind Penunzen, nicht die Bevölkerung - nur zu stoppen mit einer Verfassungsänderung die besagt der Energieminister & der Premierminister, müssen um die Bevölkerung zu beruhigen, mitsamt ihren Familien entweder nach Doel oder nach Tihange ziehen, gleichzeitig wird dies Pflicht für alle Vorstandsmitglieder von Electrabel - mal gucken ob das nicht wirkt
Nicht so zaghaft, Herr Schröder! Nennen Sie das Kind doch bei seinem Namen. Dass Engie die Kuh so lange wie möglich melken will, ist doch verständlich. Ein eben so grosses Gefahrenpotential wie in einem Super-Gau steckt in unseren korrupten Politikern, eine Gefahr, die unsere Gesellschaft auch noch lange nach einem eventuellen Abschalten der AKW bedrohen wird. Diese Typen, die sich so gerne über sogenannte "Bananenrepubliken" mokieren, sind doch im Grunde genommen die grösste Gefahr für unser Land.
Hallöchen, warum fahren die Rufer nicht den eigenen Stromverbrauch runter ? Wenn weniger Strom verbraucht wird, wird weniger Strom benötigt und die Gewinne werden kleiner und der Handel damit unaktraktiver. Bekannterweise fließt Strom nur wenn eine Spannung und ein Widerstand/Verbraucher da ist. Nur fordern, fordern wird da nicht helfen. So wie die Manager auf ihre Gewinne nicht verzichten möchten, so möchte auch so mancher nicht auf "seine" Stromgeräte verzichten. Man spricht auch immer von alten Meilern, sind die wirklich so alt oder gibt es in Frankreich Schweiz und Deutschland nicht ältere ? Also was stimmt denn jetzt alles an der Informationspolitik die so Land rauf und runter entsteht.
Rudi Schroeder, Sie bringen es auf den Punkt! Die zynischen Nationalspinnereien vieler unserer Landsleute machen uns europaweit lächerlich und unbeliebt. Ich muss leider vollstes Verständnis für den daraus resultierenden Hass unserer Nachbarn entgegenbringen, weil schließlich weder Niederländer noch Deutsche Lust darauf haben, wegen irgendwelcher belgischer Heiligtümer eines Tages massenweise am Super-GAU ihr Leben lassen zu müssen. Ganz zu schweigen von den daraus zu erwartenden Regressforderungen in so einem Fall an uns als den Steuerzahler / Stromkunden.
Wären die Verantwortlichen auch nur ein wenig klug, hätte man längst eine Stromleitung von Eupen zur nächsten Grenzkupppelstelle in Deutschland gebaut und die Phasenschieber in Marcinelle für französischen Strom modernisiert.
Zum Glück kommt auch Belgien nicht an der EU vorbei die irgendwann ein Machtwort sprechen wird.
Natürlich haben wir Zweifel wenn man von Pannen in einem Kernkraftwerk hört, aber mal neutral, in welchem Industrie komplex komt es nicht zu Störungen, Pannen und andere Zwischenfälle? Auch diese sind natürlich für Mensch und Natur bedenklich, werden deshalb Chemie Werke abgeschaltet? werden wir aufhören Gold zu kaufen weil das ja die Umwelt zerstört weil die Förderung Giftig ist? Es gäbe sicher noch weitere Sünden an der Natur, aber heute wollen wir uns nur auf die AKW´s im benachbarten Ausland stürzen.
Ein jeder kehre vor seiner Tür Schutz ist genug da für jeden
Das einzig "tröstliche" an dieser skandalösen belgischen Politik ist, dass - wenn diese Reaktoren uns irgendwann um die Ohren fliegen - die Verantwortlichen und sonstigen Befürworter und deren Familien und Kinder und Enkelkinder in gleichem Maße betroffen sein werden, wie die zuschauende Bevölkerung.
Dies mag zynisch klingen, aber diesmal würde es ihnen nichts nützen, sich wie sonst aus der Verantwortung zu stehlen.
Und da beklagte vor kurzem ein führender ostbelgischer Politiker die Arroganz mancher deutscher Kollegen. Ich schäme mich für dieses Land und seine Verantwortungsträger.
Die AKWs sind nicht wieder am Netz, weil die Politiker korrupt sind oder weil alle Verantwortlichen den AA/AE den Garaus machen wollen (grüne Verschwörungstheorien), sondern weil wir ein funktionierendes Stromnetz für eine Industriegesellschaft brauchen, das zu jeder Zeit grundlastfähig sein muss. Diesbezüglich ist die 'Energiewende' nicht zu gebrauchen.
Ohne die Kernkraft gehen bei uns die Lichter aus, und letzten Winter musste Belgien 20bis25% des Stromes importieren, zb. französischen Atomstrom. Ist das etwa sinnvoll?
Bei den belgischen Reaktoren sollte man immer bedenken, dass es sich um Druckwassereaktoren handelt (mit Primär- und Sekundärkreislauf als Sicherheitsystem), nicht um Siedewassereaktoren wie in Fukushima, oder Tschernobyl. Dieser war ausserdem ohne Containment (Aussenschutzhülle) und auch noch graphitmoderiert. Dieses Grafit (=Kohlenstoff) fing an zu brennen, Folgen sind bekannt.
Jeder Reaktortyp hat andere Risiken. Aber ich lasse mich lieber von Ingenieuren der FANK beraten als von grünen Träumern. Skeptisch bleiben sollte man allemal.
Fast täglich wird von Pannen in Doel bzw Tihange berichtet, es reicht! Wenn schon AKW unumgänglich ist, dann bitte moderne Kraftwerke bauen und die Schrottmühlen abschalten. Ansonsten stehen wir in 10 Jahren wieder vor dem gleichen Problem, die Regierungen haben nichts getan und die alten Kraftwerke müssen wieder mal verlängert werden falls sie nicht in die Luft geflogen sind.
Es reicht!
Auch ohne das technische Wissen zu besitzen, halte ich mich nicht für einen grünen Panikmacher sondern für einen EU-Bürger mit gesundem Menschenverstand. Weltweit von keinem anderen, als den in die Jahre gekommenen belgischen AKWs Tihange und Doel häufen sich letzter Zeit so viele Nachrichten über Störfälle. Das allein sollte schon Warnung genug sein.
Uns deutsche Demonstranten, die an Zahl immer größer werden (siehe letzte Demo in AC) als arrogante Oberlehrer zu bezeichnen entbehrt jeglichem Verständnis. Bei einem GAU werden je nach Windrichtung weitaus mehr ausländische als belgische Bürger in Mitleidenschaft gezogen. Tödliche Strahlung macht vor Ländergrenzen nicht halt! Von daher muss allen Gefährdeten Mitspracherecht zugestanden werden.
Die EU sollte viel mehr Druck aufbauen, diese Schrottmeiler aus Sicherheitsgründen lieber heute als morgen stillzulegen. Warum wohl hält sich unser Präsident des Europäischen Parlaments zu diesem brisanten Thema so vornehm zurück?