Zunächst mal räumlich: Elsenborn. Elsenborn war nicht allein zu Kaisers Zeiten Exerzierplatz, dann zu belgischer Zeit Schießgelände, und zuletzt, für die NATO, ein Standort für Drohnen - bereits zu einem Zeitpunkt, als diese Killerwaffen noch in der Erprobungsphase waren.
Dann hat es etwas von ausgleichender Gerechtigkeit, dass die Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak ausgerechnet auf dem Elsenborner Militärgelände Zuflucht finden.
Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass eine Protestpartei wie Vivant sich die Gelegenheit nicht entgehen lässt, auf die westliche Mitverantwortung an den Krisenherden zu verweisen, um sich von der Regierungsinitiative einer Solidaritätsbekundung mit den Flüchtlingen abzusetzen und eine eigene zu planen. Ob dies nun wenig geschmackvoll ist, oder nur konsequent, soll jeder selbst entscheiden.
Nachvollziehbar ist auf jeden Fall der Ruf der Eupener Sozialschöffin, der Solidaritätsäußerung müssten jetzt auch solidarische Gesten und Taten von der Eupener Regierung folgen, den Gemeinden bei der konkreten Gestaltung des Empfangs der Flüchtlinge zu helfen.
Unterdessen zeigen sich erste Schieflagen: Wenn der Generaldirektor des großen Logistikunternehmens in Antwerpen verspricht, sofort 500 der Flüchtlinge einzustellen, war es offensichtlich, dass ihm vor allem daran lag, das Gesetz über die Hafenarbeiter aufzuweichen. Für die föderale Rechtsregierung vielleicht eine willkommene Steilvorlage.
Diese denkt bereits über eine Neuauflage des Einsatzes der F16 nach. Noch immer klingt dies mehr nach schlechtem Gewissen ob des Scheiterns der Integration junger Belgo-Araber in den Vorstädten von Antwerpen und in Brüssel, wahrscheinlicher noch, nach Washington-Hörigkeit, als nach durchdachter militärischer Taktik.
Ebenso wenig wie der plötzlich an den Tag gelegte Aktivismus in dieser Woche des französischen Präsidenten, seine Luftwaffe für Luftschläge bereit zu stellen.
Der wenig durchdachte Vorschlag von Wouter Beke, Bodentruppen zu entsenden warf zunächst einmal die Frage auf: Wie verzweifelt ist eigentlich die CD&V? Völlig überraschend hat Verteidigungsminister Steven Vandeput am Freitagmorgen die Überlegung erneut aufs Tapet gebracht.
Wer soll denn kämpfen, neben etwa der Fremdenlegion, sollte Paris diese überhaupt schicken, und was tun mit den Gefangenen des IS, sollte dieser sich besiegen lassen.
Einen möglichen Ausblick gibt es, nach dem Foto des toten kurdischen Jungen: Langsam mehren sich Stimmen, die sich eine Formel wie die des Westfälischen Friedens wünschen, eines Verhandlungsfriedens. Man kann nur hoffen, dass sich dort unten die regionalen Mächte sortieren und dass sie sich ein Herz fassen, die Grenzen von 1920 im Nahen Osten neu zu ziehen.
Frederik Schunck