Die Raststätte Aachener Land an der A 4. Auch am kommenden Sonntag wird der LKW-Parkplatz überlastet sein. So wie jedes Wochenende. Es soll wieder heiß werden. In den Fahrerhäusern steigt die Temperatur dann leicht auf 50 Grad. Eine Standklimaanlage haben die allerwenigsten Fahrer. Sie sitzen auf Klappstühlen vor ihren Blechkisten und versuchen, die Zeit totzuschlagen. Viele trinken Alkohol – auch aus Frust, dass sie schon wieder nicht daheim bei ihrer Familie sind. Kaum jemand nimmt es wahr. Das Elend, dass sich seit ein paar Jahren mitten in Europa abspielt, findet in einer Art Parallelwelt statt – am Rande der Autobahn.
Tausende Fahrer aus Osteuropa verbringen mittlerweile so ihr Wochenende. Sie sind die modernen Nomaden des internationalen Straßengüterverkehrs. Manche sind seit Wochen so unterwegs. Sie fahren auch für belgische Transportunternehmen, die in Rumänien, Bulgarien oder der Slowakei eine Niederlassung haben. Oft gibt es dort keine richtige Speditionsanlage sondern nur einen Briefkasten. Das ist illegal. Aber es geht um den Vorteil im Wettbewerb. Und der findet auf dem Rücken der Fahrer statt.
Die europäischen Gewerkschaften haben dafür einen Begriff geprägt: Sozialdumping. Dumping bezeichnet den Verkauf von Leistungen unter den eigenen Kosten. Eigentlich ist es eine Verlagerung, die Arbeitsplätze kostet. Im Westen verdienen LKW-Fahrer bis zu 2.500 Euro im Monat – plus Spesen. Im Osten bekommen viele Fahrer den Mindestlohn. Der liegt bei 200 bis 500 Euro im Monat, dazu erhalten auch sie ihre Spesen, die eigentlich dazu dienen sollten, dass sich die Fahrer unterwegs verpflegen können. Die meisten bringen dieses bare Geld aber mit nach Hause. Stattdessen kochen sie hinten auf dem Auflieger oder irgendwo zwischen den Achsen.
Dieser unwürdige Zustand ist nun bis Brüssel vorgedrungen. Dort hat Verkehrskommissarin Violeta Bulc erkannt, dass dieser Dumpingwettbewerb so nicht mehr weitergehen kann. Auf einer Konferenz hat sie kürzlich noch einmal deutlich gesagt, dass es längst die Verordnungen gibt, um die schlimmsten Auswüchse einzudämmen. Eine davon ist die Regelung über die Verbringung der Ruhezeit im LKW (Artikel 8, Absatz 8 der Verordnung 561/2006). Sie lautet: "Sofern sich ein Fahrer hierfür entscheidet, können nicht am Standort eingelegte tägliche Ruhezeiten und reduzierte wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug verbracht werden, sofern das Fahrzeug über geeignete Schlafmöglichkeiten für jeden Fahrer verfügt und nicht fährt." Die dritte Möglichkeit, die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit von 45 Stunden, ist in diesem Text nicht explizit genannt.
Die Kontrolle der Verordnungen ist Aufgabe der Mitgliedsstaaten. Dummerweise ergibt dieser eine Satz zwei Möglichkeiten der Interpretation. Belgien und Frankreich haben entschieden, dass diese Formulierung einem Verbot gleichzusetzen ist. Seither sind dort am Wochenende die LKW-Parkplätz wie leergefegt. Ein Verstoß kostet Unternehmen viel Geld. In Deutschland dagegen stellt sich das Verkehrsministerium auf den Standpunkt, es sei durch die Auslassung zwar nicht erlaubt, aber eben auch nicht verboten. Und nur etwas, was klar verboten ist, kann auch mit einem Bußgeld bestraft werden.
Die EU-Kommission hätte nun die Möglichkeit, die Verordnung so neu zu formulieren, dass sie ein klares Verbot darstellt, das lange Wochenende unterwegs im LKW zu verbringen. Aber dazu bräuchte sie die Zustimmung der Mehrheit der 28 EU-Länder. Ein Konstruktionsfehler: Denn gerade die osteuropäischen Länder sehen die Schutzvorschrift für die Fahrer als puren Protektionismus des Westens – und würden im Ministerrat dagegen stimmen. Und in der Bundesrepublik, dem wichtigsten Transitland Europas, das vom Export seiner Güter profitiert und immer noch an den beiden größten Logistikkonzernen beteiligt ist, schaut das zuständige Bundesamt für Güterverkehr einfach weg. Dort hat man sich in eine dritte Interpretation der Verordnung geflüchtet. Man darf die Fahrer durch eine Kontrolle bei der Ruhezeit nicht stören. Denn dann müssten sie ihre Pause gleich wieder von vorne beginnen – und die Ware käme am Montag nicht pünktlich beim Kunden an. Doch nun mehren sich die Stimmen besorgter Politiker, ein Sonntagsschlafverbot im LKW in der Fahrpersonalverordnung zu verankern. Das wiederum wäre laut der EU-Verordnung erlaubt. Nun ist es in Berlin an der Zeit, es endlich auch zu tun.
BRF1 sendet den Mitschnitt einer Podiumsdiskussion zum Thema Sozialdumping im Transportsektor. Mehr dazu finden Sie hier.
Jan Bergrath - Bild: Jochen Dieckmann
Es ist doch so einfach eine Lösung zum Nachweis der Fahrten zu erbringen wenn das Französische Frachtbriefsystem von der EU eingeführt würde diese üssen vom Absender(Verlader) und Empfänger Gestempelt und unterschriben werden dann kann man auch sehen welche Kabotagen das Fahrzeug gemacht hat und die Ganzen Arbeits und Ruhezeiten wären sofort nachvollziehbar
Es sind nicht nur Ausländische Unternehmer die , die Fahrer so Unmenschlich behandeln! Es gibt auch Deutsche Unternehmen die Fahrer so Ausnützen und die auch teilweise 3 bis 5 Monate in ihren LKW 'S Leben !
Natürlich werden hier keine Nägel mit Köpfen gemacht, die Betroffenen werden weiter leiden müssen! Das Ganze ist politisch so gewollt. Die Ost- Erweiterung dient vor allem dazu, billige und wehrlose Arbeitssklaven zu rekrutieren und gleichzeitig Löhne und Sozialstandarts in den anderen Ländern massiv zu reduzieren.
Jeder Mist wird reguliert, angepasst und genormt. Wenn es um Arbeitsbedingungen, um Löhne oder Soziale Standarts geht sieht man die mit krankhafter Phantasie überreichlich ausgestatteten, selbsternannten "Zuständigen" nur müde mit der Schulter zucken.
Damit zerstört Ihr die letzte Möglichkeit,in diesem Beruf überhaupt noch Geld zu verdienen. Ausserdem seht ihr das sogenannte Nomadenleben von einem anderen Standpunkt .Wer in Deutschland eine Familie ernähren muss als Alleinverdiener ,für den sind bei 750 Euro Kaltmiete ein Verdienst von 1800 Euro Netto nicht viel Geld .Also nimmt hier JEDER seine Spesen mit in den LOHN und die teure Häuser gebaut haben oder Schulden haben, suchen einen Weg ,mehr zu verdienen.Z.B.ein Job im Fernverkehr,der auch Wochenenden beinhaltet .Und (wenn es auch so aussieht ) das Leben im Lkw mit Gaskocher ,ist gewiss nicht schlecht .Was für Gerichte sich manch ausländischer Kollege zubereiten kann ,komme ich immer wieder ans staunen .Ausserdem bieten die Lkw's heute Fernseher mit Sattelit ,Mikrowelle,Komfort Matratzen ,ihr hättet mal vor 30 jahren mitfahren sollen. Am Ende ist dieser Beruf durch Verbesserungen kaputt verbessert.
Die ganze Diskussion schreit doch zum Himmel, denn es existieren viele solcher Foren und es wird herum lamentiert. Aber eines ist sicher, nach dem Motto "jeder ist sich selbst der Nächste", oder meint ihr das Politiker sich wegen der Berufskraftfahrer ihr "eigenes Grab " graben, um dieses Dilemma zu beseitigen, denn dann wird das nächste Problem auftreten, wo bekomme ich nur die vielen Qualifizierten Fahrer her? Das Wochenendproblem ist kein Problem, man bräuchte die Fahrer doch nur in einem vernünftigen Hotel unterbringen, das würde der Staat sogar noch bezahlen, aber diese Mehrarbeit wollen viele Unternehmer nicht auf sich nehmen.