Wer kennt sie nicht, die meist nur mäßig lustigen Sprüche, die sich oft in Firmen und Büros jedweder Art finden oder in digitaler Form die Runde machen. Einer davon lautet: "Man muss kein Masochist sein, um hier zu arbeiten. Aber es hilft wahnsinnig." Vielleicht hat ihn auch Premierminister Bart De Wever irgendwo in seinem Kabinett hängen, wenn auch vermutlich auf Lateinisch.
Der Mann ist beim besten Willen nicht zu beneiden um seinen Job. Schon mal ganz grundsätzlich nicht, Belgiens Probleme sind ja hinlänglich bekannt. Und jetzt haben ihn viele in Europa und darüber hinaus auch noch als Sündenbock auserkoren für die total verkorkste Ukraine-Politik der Europäischen Union.
De Wever soll ja bekanntlich die bei Euroclear immobilisierten russischen Vermögenswerte rausrücken, damit die für ein sogenanntes Darlehen an die Ukraine genutzt werden können. Dagegen wehrt er sich seit Monaten mit Händen und Füßen. Und apropos: Alle seine Argumente haben Hand und Fuß.
Wenn das Geld erstmal weg ist, dann können auch keine Zinsen mehr abgeschöpft werden, um der Ukraine zu helfen. Es wäre also eine mehr als kurzsichtige One-Shot-Maßnahme. Die Aktion würde Belgiens Reputation als sicherer Finanzplatz schaden. Auch das stimmt. So lange wir die russischen Milliarden als Faustpfand haben, werden es sich die Russen zwei Mal überlegen, was sie in Richtung Europa unternehmen. Ebenfalls korrekt. Nicht umsonst wird das nukleare Gekeife aus Moskau immer besonders schrill, wenn es um dieses Geld geht. Belgien kann es sich nicht erlauben, ohne absolut wasserdichte und schriftlich niedergelegte Garantien ins Boot zu steigen, dass die Risiken von allen EU-Staaten zusammen getragen werden. Eine Selbstverständlichkeit. Das sehen sogar die rabiatesten Oppositionsparteien ein.
Nur die europäischen Partner, wenn man sie denn noch so nennen darf, wollen das offenbar nicht einsehen. Sonst wären Belgiens Forderungen doch schon längst erfüllt worden. Aber die bittere Wahrheit ist, dass diverse EU-Staaten es sich wieder einfach machen wollen: Sie wollen, zumindest nach außen, die Ukraine weiter unterstützen. Aber sie wollen dafür nicht aus eigener Tasche zahlen.
Und weil wir gerade bei bitteren Wahrheiten sind: Mit Ausnahme einiger weniger EU-Staaten, von denen sich die meisten mit Recht als Putins nächste Opfer sehen, hat auch Europa viel zu wenig getan für die Ukraine. Viel, viel zu wenig. Russland hätte gestoppt und vielleicht sogar zurückgedrängt werden können. Wenn der politische Wille und die Entschlossenheit da gewesen wären, die Mittel dafür in die Hand zu nehmen.
Ironischerweise standen dabei nicht zuletzt die Länder auf der Bremse, die Belgien jetzt besonders laute Vorwürfe machen. Man könnte sogar noch weiter gehen und sagen, dass gewisse dieser Länder durch ihre Wirtschaftspolitik maßgeblich dafür mitverantwortlich waren, dass Russland überhaupt je so gefährlich werden konnte.
Aber wie dem auch sei: Dieser Zug ist abgefahren. Und seitdem Donald Trump die Lokomotive abgekoppelt hat, um damit allein nach Moskau zu fahren, stehen die Europäer endgültig auf dem Abstellgleis.
Das Problem ist allerdings, dass viele von ihnen offensichtlich die Vorhänge ihrer Abteile fest zugezogen haben und immer noch so tun, als ob der Zug weiter rollen würde. Und einfach nicht sehen wollen, dass sie an zeitnahen, strukturellen, umfangreichen und sicher nicht zuletzt schmerzhaften Investitionen nicht vorbeikommen werden.
Aber klar, es ist natürlich einfacher, auf Belgien rumzuhacken, als das der eigenen Bevölkerung klarzumachen. Wie schon Dwight D. Eisenhower wusste: Die Jagd auf den Sündenbock ist die einfachste.
Boris Schmidt
Guter Kommentar.
Russisches Vermögen zu gunsten der Ukraine zu nutzen, ist nichts anderes als Diebstahl.Die EU Kommission kennt nicht mehr den Unterschied zwischen "Dein" und "Mein".
Und vor der russischen Armee braucht man sich nicht zu fürchten.Die verblutet gerade in der Ukraine.Ist keine reelle Bedrohung mehr für Europa.Mit was wollen die Russen Europa erobern ? Man muss sich in acht nehmen vor russischer Sabotage und Spionage.