"Das ist eine Schande für die gesamte Menschheit" - die Worte von König Philippe. In seiner Ansprache zum Nationalfeiertag wurde das Staatsoberhaupt ungewöhnlich deutlich: Philippe prangerte die Situation im Gazastreifen an, wo "unschuldige Menschen, gefangen in ihrer Enklave, verhungern und unter Bomben sterben". Der König sprach das aus, was andere offensichtlich übersehen wollen: Die Lage im Gazastreifen ist unerträglich. Und sie ist durch nichts zu rechtfertigen.
Natürlich gab es den fürchterlichen Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober, natürlich war das ein Akt der ultimativen Barbarei und natürlich hat Israel das Recht, sich und seine Bürger zu verteidigen. Aber die israelische Reaktion steht doch in keinem Verhältnis mehr! Hier wird ganz offensichtlich Hunger gegen hunderttausende unschuldige Menschen als Kriegswaffe eingesetzt. Und das ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Die Bilder aus dem Gazastreifen würden von der Hamas in die Welt gesetzt, "Propaganda" sei das, heißt es von israelischer Seite. "Dann gebt der Presse die Möglichkeit, die Situation 'gegenzuchecken!'", möchte man erwidern, denn es sind ja gerade die israelischen Behörden bzw. die Armee, die Reporter an ihrer Arbeit hindern, ihnen den Zugang zum Gazastreifen verwehren. Davon abgesehen: Auch ohne unabhängige Berichterstattung gibt es keinen Grund, auch nur eine Sekunde daran zu zweifeln, dass sich im Gazastreifen das Tor zur Hölle aufgetan hat.
Es gibt Dutzende, wenn nicht hunderte Aussagen von Ärztinnen und Ärzten, von Mitgliedern von Hilfsorganisationen, von UN-Vertretern, die alle in dieselbe Richtung weisen: Die Lage ist katastrophal. All diese Leute sind doch nicht willige Instrumente der Hamas! Und wenn es die israelische Regierung wirklich ernst meinte mit der Hilfe für die hungernde Zivilbevölkerung: Warum verwehrt sie den Tausenden, mit Hilfsgütern beladenen LKW den Zugang zum Gazastreifen, die an der Grenze warten? Diese Blockade ist - angesichts einer humanitären Katastrophe eines solchen Ausmaßes - durch rein gar nichts zu rechtfertigen.
Die Argumentationsmuster sind derweil immer die gleichen: Wer Kritik an der Haltung der israelischen Behörden übt, der "unterstützt den Terrorismus", heißt es dann sinngemäß. "Sind fünf Monate alte, hungernde Kinder wirklich Terroristen?", könnte man erwidern, wenn man ein vergleichbares Holzhammerargument verwenden will.
Nein! Das Mitgefühl mit hungernden Frauen und Kindern, die Bestürzung angesichts einer solchen Katastrophe, all das hat nichts mit einer gleichwelchen politischen Gesinnung, nichts mit Sympathien für die eine oder andere Seite zu tun, das ist urmenschlich. Dachte man.
Im Westen, der doch bislang immer so stolz auf seine Grundwerte war, sieht das längst nicht mehr jeder so. Der Riss geht quer durch Europa, und das zieht sich bis auf die Ebene der Mitgliedstaaten durch. In Belgien kann man nicht die offensichtliche Handlungsunfähigkeit auf der EU-Ebene anprangern, wenn man doch auf der anderen Seite nur feststellen kann, dass es auch schon die eigene Regierung nicht schafft, sich auf eine gemeinsame Linie zu verständigen. Schlimmer noch: Die beiden Flügel der Arizona-Koalition driften immer weiter auseinander.
CD&V-Chef Sammy Mahdi hat gerade noch einigen Partnern "Scheinheiligkeit" bescheinigt. Unterstützung gab es gleich von Les Engagés und Vooruit. Jeder weiß längst, wer da auf der Bremse steht: N-VA und MR weigern sich nach wie vor beharrlich, eine härtere Gangart gegenüber Israel einzuschlagen: Jeder appelliert vielleicht noch ganz allgemein für ein "Ende der Gewalt", von Sanktionen oder einer Aussetzung des Partnerschaftsabkommens mit der EU wollen beide Parteien aber nichts wissen. Zugegeben: Sanktionen, die nur Belgien verhängen würde, das würden den Palästinensern vielleicht auch nicht wirklich helfen. Aber man würde dennoch ein Zeichen setzen. Denn was wir jetzt sehen, das ist nicht mehr und nicht weniger als ein moralischer Bankrott.
Bei der N-VA spürt man allerdings, dass sich die Dinge bewegen. Dafür sprechen auch und vor allem eben die Worte des Königs in seiner Ansprache zum 21. Juli, denn natürlich war die Rede im Vorfeld von der Regierung abgesegnet worden. Es mag ganz so aussehen, als habe Premier De Wever das Staatsoberhaupt bewusst eben diese Sätze sagen "lassen". Den König einfach vorzuschicken, das wird aber auf Dauer nicht reichen, da hat die Zeitung Het Laatste Nieuws recht.
Die jüngsten Vorstöße zeigen, dass CD&V, Les Engagés und Vooruit mit ihrer Geduld am Ende sind. Deswegen kann man sich denn auch nur dem Vorschlag der flämischen Grünen anschließen: Lasst das Parlament über Strafmaßnahmen entscheiden, und hebt dafür den Fraktionszwang auf. Jeder weiß, wie die Abstimmung ausgehen würde. Es gibt in der Kammer eine breite Mehrheit für die Verhängung von Sanktionen gegen Israel: die linke Opposition plus die drei besagten Regierungsparteien, das würde reichen. Der N-VA und der MR würde das Ergebnis vielleicht nicht gefallen.
Aber der Koalitionsfrieden wäre gesichert. Und das ist nicht nichts. Denn die Gaza-Tragödie hat inzwischen das Potenzial, die Regierung zu sprengen, eben weil der Preis für einzelne Parteien zu hoch wird - Preis, der da lautet: moralischer Bankrott.
Roger Pint
Man sollte nicht nur Israel an den Pranger stellen, sondern auch die Hamas und Ägypten (blockiert den Gazastreifen auch). Da ist keiner besser.
Die belgische Regierung kann ruhig Palästina anerkennen. Nur das bringt nichts. Die Palästinenser haben nicht mehr zu essen deswegen.
Es braucht eine praktische Lösung. Eine wäre ein Palästinenserstaat auf dem Sinai. Die viel diskutierte Zwei-Staaten-Lösung ist nicht realistisch. Ein Blick auf die Landkarte des Westjordanlandes genügt.
Er hat es zusammen mit Ihnen, Herr Pint, korrekt auf den Punkt gebracht, Koenig Philippe.
Mehr Unmenschlichkeit kann sich niemand von uns Menschen mehr vorstellen. Und "Brüsseldorf" tut scheinbar nichts gegen dieses Verbrechen.
Nach meiner Ansicht hat die "Brandmauer gegen Rechts" versetzt und an der Stelle anständig wiederaufgebaut zu werden, wo wirklich nachweisbar die "Braune Pest" grausam und widerlich wie nie zuvor wüten tut.
Weil Entnazifizierung EU-weit plus drüber hinaus weltweit schon 80 Jahre absolut viel zu spät nachgeholt werden muss. Gleiche Rechte als auch Pflichten bitte aber mal wirklich für Alle!
Allen voran "gleiche Pflichten" bitte an Alle die extra jetzt sogar noch "Profitoflation und Krisen-Überprofit" wild wie nie zuvor treiben mit dem Geld der Verlierer des Systems!
Weil es gibt einfach kein Recht auf Rechtsextremismus und die zutiefst Braunen Verbrechen gegen Menschen, nur weil sie Moslems sind anstatt der "Religion" der EU und der Israelis.
Nämlich Nationalismus / Recht des Stärkeren, und Kapitalismus.
Ob es wirklich ein moralischer Bankrott ist, wenn Belgien und andere Staaten sich nicht äußern zu diesem Konflikt, sei dahin gestellt.
Konflikte, wo Menschen hungern und sinnlos sterben, gibt es viele auf der Welt. Da ist der Krieg in Gaza nur einer von vielen.
Der Unterschied besteht in der Wahrnehmung.Der Nahost-Konflikt ist täglich präsent in den Medien.Während andere Konflikte kaum Beachtung finden.Zum Beispiel gibt es seit Jahren in Kamerun die sogenannte "crise anglophone", einen Aufstand von englischsprachigen Einwohnern gegen die französischsprachige Zentralregierung.Darüber wird nur selten berichtet.Viele kennen diesen Konflikt überhaupt nicht.
Und weil der Nahost-Konflikt Aufmerksamkeit verspricht, äußern sich Politiker gerne, wie jetzt Macron oder auch Paul Magnete.Schließlich sind Politiker dauernd im Wahlkampf und wollen gewählt werden.
Der Nahost-Konflikt ist ein gefundenes Fressen für "Mundwerker", dh Politiker....
Herr Marcel Scholzen Eimerscheid, was halten Sie von der Idee, einfach den Staat Israel auf eine Insel, nach Sibirien oder in die USA als Bundestaat zu verlegen? Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass dieses rassistische Israel mit irgendeinem Nachbarn auf dieser Welt in Frieden und Kooperation auskommen kann, will und soll. Israel ist der bezahlte Proxy der USA und soll in Westasien den Einfluss des Welthegemons sichern - mit einem Colt und einem Knüppel in der Hand, wie das eben so eine Kolonialherrschaft macht. Wer nicht spurt, wird bombardiert. Die Europäer haben dafür in der Geschichte gute "Vorbilder" abgegeben - siehe Belgien und Kongo. Sie könnten jetzt zeigen, dass sie aus der Geschichte etwas gelernt haben aber sie werden das nicht tun, weil sie Angst vor Sanktionen seitens der USA - ihrem "Daddy" - haben.
Wann wurden eigentlich die Geiseln freigelassen?
Wie viele Massendemonstrationen für die Freilassung hat es gegeben?
Kann mich nicht so richtig erinnern.
Haben die Geiseln eigentlich Vollpension oder All inclusive zwischen Vergewaltigung und Folter?
Fragen über Fragen.
Uwe Krapalies,
ich denke als Realist nichts schlimmes ggü. den USA. Es sind Menschen die viel gutes getan haben. Genau wie Russland. Die Schaffung einer temporär durchaus akzeptablen Ordnung in Europa zzgl. dem Wiederaufbau des damals auch schon total zerstoerten Deutschlands in Form der Zwei-Staaten-Geschichte.
Aber auch seit zusehends diesem "Unglücksjahr" 1990, weil Wendepunkt der Geschichte von Schlechten zum noch immer viel Schlimmeren, lassen sich US-Bürger plus deren Repräsentanten scheinbar von israelischen Rechtsextremisten an der Kette rumführen und gradezu "vorführen".
Vergessen wir auch nicht was damals der "Reichstagsbrand" 1939 war. Und wer das hinterlistig für seine kruden Gedanken missbraucht hat. Folglich stellt sich bei mir die Frage, wer da wirklich hinter dem "Hamas-Attentat" in Tel-Aviv hintersteckt / Urheber-Frage.
Einfach nur ein paar äußerst blindwütige Alltags-Fanatiker? Oder etwa doch eine andere Art der "Macht".
Lesen wir nochmal zusammen die Geschichtsbücher von der Zeit des NS-Regimes und Kongogreul-BE. Mehr über die Wahrheit wissen wir vielleicht später dann.
Herr Krapalies.
Welche praktische Lösung haben Sie ? Schimpfen und Aufregen bringt nichts.
Nach der Niederlage im chinesischen Bürgerkrieg hat sich die Kuomintang nach Taiwan zurück gezogen und dort ein blühendes Staatswesen aufgebaut. Ein Zentrum der Hochtechnologie.
Genauso könnten es die Palästinenser machen. Ziehen sich zurück auf einen eigenen Staat im Sinai und entwickeln die eigene Wirtschaft. Eine wesentlich bessere Perspektive als die jetzige Situation.
Herr Jochen Decker, die IDF bombardiert seit Oktober 2023 Gaza und hat bis heute die Gefangenen nicht frei bekommen. Halten Sie das für eine strategisch erfolgreiche Operation, die in ihrem vorgegeben Ziel irgendeinen Sinn ergibt? Wie viele Hamas-Kämpfer wurden seit Oktober 2023 getötet? Wie viele Frauen und Kinder hat die IDF beim Versuch die Gefangenen zu befreien, bereits getötet? Haben Sie die Zahlen? Können die deutschen und amerikanischen Bomben zwischen Hamas-Kämpfer und Gefangenen unterscheiden? Wie viele Gefangene wurden durch die Bombardierungen selbst getötet? Warum lässt Israel keine internationalen Journalisten in das Gebiet, die die Gefangenen aufsuchen könnten und interviewen würden? Warum blockiert Israel die Lebensmittellieferung an die dortige zivile Bevölkerung und damit auch an ihre eigenen Leute, die gefangen wurden? Gibt es für Sie in Gaza überhaupt zivile Bevölkerung? Fragen über Fragen...