Fast nichts im Leben ist ohne Risiko. Wenn man über die Straße geht, kann einen ein Auto an- oder überfahren. Wenn man ein Streichholz anzündet, kann es sein, dass man sich auch mal verbrennt. Wenn man arbeiten geht und angestellt ist, kann es sein, dass man entlassen wird.
Nichts weiter kündigt sich gerade beim Audi-Werk in Brüssel an. Und es ist schon erstaunlich zu sehen, mit welcher Empörung die Ankündigung diese Woche von der Politik aufgenommen wurde.
Dass die Mitarbeiter wütend, sauer und verbittert sind - das ist eigentlich klar. Für sie steht viel auf dem Spiel, und die Worte, die gleich folgen, sollen auch nicht zynisch wirken. Jede Entlassung gegen den Willen des Arbeitnehmers ist eine Tragödie - oder kann zumindest eine solche werden.
Aber - und hier kommt schon der erste Einwand: Entlassungen finden täglich statt. Täglich müssen Menschen solche Einschnitte in ihrem Leben erfahren. Nur spricht keiner darüber, zumindest nicht die Medien oder die Politik.
Ist das Schicksal der Mitarbeiter von Audi Brüssel mehr Wert, nur weil es gerade auf einen Schlag so viele sind? Wie sollen sich die anderen Menschen da fühlen, die auch entlassen werden, über die aber nicht gesprochen wird, für die die Politik sich nicht versucht, ins Zeug zu legen? Deren Einzelschicksale aber genauso schlimm sein können, wie das, was jetzt vielleicht einigen Mitarbeitern von Audi droht?
Eine Entlassung steht immer als Möglichkeit im Raum, wenn man einen Arbeitsvertrag mit einem Unternehmen abschließt. Genauso wie es möglich ist, beim Überqueren der Straße von einem Auto erfasst zu werden.
Und: Unsere Politiker scheinen vergessen zu haben, dass VW, der Mutterkonzern von Audi, kein Wohlfühlclub ist. VW ist ein privates Wirtschaftsunternehmen. Dem Lehrbuch nach ist Profit für solche Unternehmen das oberste Ziel. Mitarbeiter spielen da nur eine untergeordnete Rolle.
Sicher, es gibt einige Unternehmen, die das anders sehen. Und auch VW behandelt seine Mitarbeiter ziemlich gut, wenn es dem Unternehmen selbst gut geht. Doch das tut es zurzeit nicht. VW steht unter Druck, und da werden Menschen schnell zu Zahlen.
Anders ausgedrückt: Das, was bei Audi in Brüssel jetzt geschieht, ist ein ganz normaler Vorgang. Etwas, was durchaus passieren kann. Etwas, was in der Welt der Marktwirtschaft immer im Bereich des Möglichen ist: Ein Unternehmen hat falsch kalkuliert, kommt in Schwierigkeiten, versucht zu retten, was zu retten ist, und die Schwächsten müssen darunter leiden.
Das ist bedauerlich, ist aber nun mal so in einer Wirtschaftswelt, die nach marktwirtschaftlichen Prinzipien funktioniert. Und für die hat sich Belgien ja nun mal entschieden. Mit allen Vor- und Nachteilen. Oder?
Kay Wagner
In ihrer Aufzählung fehlen noch Journalisten, die - wenn sie nicht das schreiben, was ihr Chef lesen will -, nichts mehr abgenommen bekommen und entlassen bzw. ohne Vertrag dastehen. Vielleicht reicht es dann noch zum Kinderbuchautor. Der Text enthält eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den arbeitenden, lohnabhängigen Menschen. Es schwingt der Verdacht mit, die einen gegen die anderen ausspielen zu wollen und zu spalten. Fakt ist, dass ein einseitig trainierter Bandarbeiter bei einem Autohersteller nur schwer in einen anderen Arbeitsbereich Fuß fassen wird. Das wäre so, als wenn Sie als Journalist über Jahre nur kurze Werbetexte schreiben würden, nach Ihrem Rauswurf jedoch bei der nächstmöglichen Anstellung im Schnelldurchgang erstklassige Romane schreiben müssten. Zugleich verwechseln sie Entlassungen mit Naturereignissen. VW plante schon länger, Arbeitnehmerrechte und Löhne schleifen zu können. Krisen sind dafür gute Gelegenheiten. Die Marktwirtschaft hat keine Zukunft. Sie zerstört die Käufer ihrer bunten Warenwelt. Das ergibt alles keinen Sinn.
Herr Wagner.
Guter Kommentar.
Wenn eine große Firma entlässt, sind Politiker schnell zur Stelle. Auch wenn die nicht viel ausrichten können, so ist es doch immer ein Grund, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren und PR in eigener Sache zu betreiben.
Wenn eine kleine Firma entlässt, interessiert das niemand. Ist nur eine Zahl für die Statistik. Mehr nicht.
Auf Druck der Politik, die bei VW sehr viel Einfluss hat, wurden in Sachen E-Mobilität grundfalsche Entscheidungen getroffen. Jeder Ingenieur, und davon hat VW ja viele, hätte seinem Vorstand in 5 Minuten vorrechnen können dass die „Verkehrswende“ physikalisch unmöglich umzusetzen ist. Die benötigte Kraftwerksleistung sowie die zusätzliche Netzinfrastruktur sind weder technisch noch wirtschaftlich darstellbar. Die MINT-fernen Politiker und ihre Journalisten interessiert das aber nicht, entweder verstehen sie es nicht oder sie nehmen den Abbau der individuellen Mobilität billigend in Kauf. VW ist das bisher prominenteste Opfer des „green deal“ der unsäglichen UvL; und wenn der grüne Irrsinn nicht gestoppt wird mit Sicherheit nicht das letzte….
In Deutschland hatten viele anscheinend schon geglaubt, man könnte sich über die Marktwirtschaft hinwegsetzen und eine neue, bessere Welt erschaffen. Eine Welt ohne Atomkraft und wo jeder auf dieser Welt sich aussuchen kann, wo er gerne leben würde. Das ist wirklich eine Zeit, die auch in den Weg in die Geschichtsbücher finden muss, aber noch nicht heute. So langsam endet die Feier und muss man sich wieder der Realität des Marktes stellen und der verlangt "Effizienz". Das Ende der Tagträume wird wohl leider auch viele Unbeteiligte treffen, und nein Betroffenheit zu zeigen wird wahrscheinlich nicht mehr ausreichen. Da muss auch wieder die Vernunft in der Politik ran.
Dieser BRF-Kommentar ist sehr oberflächlich und geht nicht in den Kern der Sache, WARUM dies alles passierte:
Die grüne Wirtschaftpolitik hat marxistische Züge und dies führt ins ökonomische Chaos; wer das leugnet sieht wohl den Elefant im Raum nicht.
Nach 1989 mussten die Trümmer des roten Sozialismus in Mittel- und Osteuropa aufgeräumt werden. In Zukunft werden wir anfangen müssen, die Trümmer des grünen Sozialismus zu beseitigen. Das weltweite E-Auto-Desaster ist ein Wink mit dem Zaunpfahl.
@Uwe Krapalies: Zitat: "Die Marktwirtschaft hat keine Zukunft. Sie zerstört die Käufer ihrer bunten Warenwelt." Nein! Die Marktwirtschaft stellt dem Käufer eine Dienstleistungs- und Warenwelt zum Angebot, und was nicht gekauft wird, wird auch in Zukunft nicht produziert. Das Gegenteil der Marktwirtschaft, also eine [absichtliche] Mangelwirtschaft oder Planwirtschaft, würde den Käufer schädigen, weil das Warenangebot nicht seinen Wünschen entsprechen würde.
Wenn das Angebot keine Nachfrage hat, wurde vergeblich gearbeitet. So geschehen hier in Brüssel: politik-orientiert aber am Markt vorbei.
@Guido Scholzen Selbst in Iherer Logik ist Ihre Marktwirtschaft nur für Reiche gedacht, denn nur die kaufkräftige und finanzielle Kundschaft entscheidet somit, was alle produzieren müssen. Das kann auch völliger Unsinn sein wie Luxusjachten, eine Reise in den Weltraum, ein Mittagessen auf dem Mont Blanc oder Panzer. Dies kann nach den Geschmäckern ständig geändert werden und somit ist in dieser Wirtschaft immer Chaos und Krisen vorprogrammiert. Die Bedürfnisse von Milliarden anderer Menschen spielen dabei keine Rolle. Die können auch verhungern oder keine Medikamente mehr bekommen; selbst wenn es sich z.B. um billige Einsteiger-E-Autos handelt. Keine Kaufkraft = keine Produktion. Die billigen E-Autos werden derzeit nur von China produziert, da die anscheinend einen anderen Ansatz haben, der auch staatliche Unterstützung mit einschließt. Die immer in Marktwirtschaften entstehenden europäischen Monopole schützen sich über ihre Brüsseler-Politiker und führen Sanktionen / Zölle auf die billigere Konkurrenz ein. Marktwirtschaft ist künstliche Mangelwirtschaft für die Armen.
Elektromobilität richtig gemacht, ist möglich. Der afrikanische Staat Äthiopien hat den Import von Verbrennern verboten. Dank Wasserkraft ist Strom preiswert.
In Europa hat man den Fehler gemacht, Kernkraftwerke, Kohlekraftwerke vorzeitig abzuschalten bevor "grüner" Strom in ausreichender Menge zu einem vernünftigen Preis verfügbar ist. Die Abschaltung geschah aus ideologischen Gründen. Russisches Gas zu sanktionieren, war auch nicht gerade vernünftig. Auch so wurde Strom unnötig teuer gemacht und damit Elektromobilität. Die grünen und roten Moralapostel haben sich selbst den Ast abgesägt.