Es ist eigentlich schon eine Binsenweisheit, dass föderale Regierungsverhandlungen untrennbar mit Schmierentheater und Drama verbunden sind. Da machen leider auch die aktuellen keine Ausnahme. Hauptprotagonist der Arizona-Oper ist ein altbekanntes Gesicht: Georges-Louis Bouchez, die unbestrittene Primadonna der frankophonen Liberalen MR. Bouchez hatte ja schon bei der Vivaldi-Aufführung wieder und wieder seine Qualitäten unter Beweis gestellt. Qualitäten, die zwar offenbar bei vielen frankophonen Wählern und eigener Partei gut ankamen, alle anderen aber zur Weißglut getrieben haben.
Dieses Mal sollte doch alles anders werden, so Bouchez sinngemäß, die Arizona sollte quasi die Anti-Vivaldi werden. Während der ersten rund 70 Tage nach den Wahlen war Bouchez auch, zumindest nach außen, die personifizierte Höflichkeit und Diskretion. Alles, um sich als vertrauenswürdiger Koalitionspartner zu präsentieren. Aber offenbar hat der Wolf in Bouchez jetzt keine Lust mehr auf Kreide-Diät. Mit der Kreide flog auch die Diskretion aus dem Fenster. Seit Freitagmittag schmettert Bouchez auf allen Kanälen, dass er doch das eigentliche Opfer sei, dass es nicht seine Partei sei, die nicht mehr verhandeln wolle, dass man doch nicht wegen jedem Problemchen zum König rennen müsse und so weiter und so fort.
Das mag stimmen oder auch nicht, hier steht Wort gegen Wort. Sicher ist aber: Konstruktiv ist das nicht. Im Gegenteil: Bouchez dürfte damit auch den letzten, eventuell noch vorhandenen Rest Sympathien bei N-VA und Vooruit verspielen. Und nicht nur bei ihnen: Was solle die ganze Aufregung eigentlich, so Bouchez. Schließlich seien erst 75 Tage seit den Wahlen vergangen, das sei doch nichts für belgische Verhältnisse. Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Wähler. Und angesichts der Haushaltslage Belgiens mehr als nur etwas zynisch. Soll das etwa die wirtschaftsfreundliche Politik sein, die Bouchez immer verspricht?
Mit einem hat Bouchez aber Recht: Er hat den Schwarzen Peter nicht alleine verdient. Da ist zum Beispiel Bart De Wever. Auch er war bereit, viel Kreide zu fressen, um Premier zu werden. Und auch wenn Bouchez selbst Engel problemlos zu Amokläufern machen könnte: Was sollte das eigentlich mit der Dreitagesfrist? Wenn das Ziel war, Bouchez damit zum Einlenken zu bringen, dann ist De Wever politisch längst nicht so gewieft, wie immer behauptet wird. Und dann der sofortige Rücktritt als Regierungsbildner… Das erinnerte unweigerlich an die Trotzreaktion eines Kindes. Es sei denn natürlich, De Wevers eigentliches Ziel war die ganze Zeit, am Ende sagen zu können: Da, ich habe es versucht, mit Belgien ist einfach kein Staat zu machen, quod erat demonstrandum, ich gehe zurück nach Antwerpen.
Die Herren Mahdi und Prévot blenden wir mal aus, sie erwecken eher den Eindruck passiver Zuschauer als aktiver Mitspieler. Aber es gibt ja noch den fünften im Bunde: Conner Rousseau. Niemand hat erwartet oder verlangt, dass der Vooruit-Chef alle Mätzchen seiner Mitte-Rechts-Koalitionäre in spe mitmacht. Aber er ist sicher auch nicht ganz unschuldig an der Eskalation der Lage. Von seinem manchmal auch nicht unerheblichen Ego mal ganz zu schweigen.
Und einen Vorwurf müssen sie sich alle gefallen lassen: Entweder sie unterschätzen den Flurschaden, den sie mit dieser neuen Seifenoper-Episode anrichten - oder er ist ihnen schlicht egal. Beide Varianten sind absolutes Gift für das schon ziemlich ramponierte Ansehen der Politik - und damit für die Demokratie insgesamt.
Boris Schmidt
Guter Kommentar.
Die Demokratie in Belgien schafft sich selbst ab. Dazu bedarf es keiner Russen oder Chinesen. Das kriegen die politisch Verantwortlichen in Belgien selbst viel besser fertig.
Ich sehe mich bestätigt, dass es in Belgien einfach zu viele Parteien gibt. Manchmal ist weniger mehr.
Was versteht der Kommentar unter „Demokratie“? Mich beschleicht das Gefühl, dass jeder Mensch etwas anderes darunter zu verstehen scheint bzw. nur seiner eigenen Interpretation folgt. So schreiben und reden wir nur aneinander vorbei.
Ein völlig verfehlter und misslungener Kommentar. Ausser persönlichen Angriffen auf die Parteivorsitzenden oder den Regierungsbildner völlig inhaltslos. Das Problem ist nicht, jedenfalls nicht nur, die persönlichen Emfindlichkeiten der oder einiger Verhandlungspartner sondern es geht sich schliesslich darum ein völlig bankrottes und verschuldetes Land wieder auf die Bahn zu bekommen und es geht sich um den Inhalt, wie genau das zu geschehen hat. Schliesslich müssen wir alle die Zeche einer bisher völlig verfehlten Politik auch jener Parteien bezahlen die nun wieder (und immer wieder) an die Macht wollen und kommen.
Wir brauchen eine Annulierung solcher Wahlen wie hier und den Niederlanden.
Wenn es zu viele Einheimische / Übermächtige Hardcore-Männer gibt, die sich nichts als den neuen "EU-Adolf" in ihrem EU-Land wünschen, hat per Gerichtsbeschluss das Wahlrecht reformiert zu werden damit Gestalten wie u.a. dieser Holland-Wilders [PVV] nie wieder von Alkoholikern, Bildungsverweigerern ohne Schulabschluss und Straftätern gewählt werden, nur weil man als EU-Land immer noch meint man müsste aber doch diese Art der Überdemokratie einfach so wie bisher immer so weiter treiben.
Rechtmäßiger MP des Foederalen Koenigreiches bleiben bis mindestens dahin immer noch De Cro plus auf Ebene des Wallonischen Bundesstaates Di Rupo. Basta! Selbes gilt für das dringenst zu "Entwildernde" Holland. Keinen weiteren Deal mit illegalen Nationalisten und Krisen-Überprofiteuren!
Und keine Diskussionen "nenee, wir sind doch keine deutschen". Frankreich hat Courage gegen Rechtsextremisten gezeigt. Wo ein Wille ....
Es gibt keine Alternative dazu damit Internationales Recht der UN-Menschenrechtskonvention sowie Europäisches Recht wieder eingehalten werden.