Gnädig soll er sein. Edel, siegreich, glücklich und ruhmreich: der König der Briten. So heißt es in der Hymne "God save the King". Geht es Ihnen auch so, dass sich immer noch die gut behütete kleine Queen in diese Formel einschleicht? Nun ist der Thronfolger also endlich an der Reihe.
Trotz seines schon hohen Einstiegsalters von 74 dürfte Charles durch sein jahrzehntelanges Engagement für mehr Umwelt- und Naturschutz eher im Zeitgeist liegen als seine verstorbene Mutter. An ihre Popularitätswerte reicht er aber bei weitem nicht heran. Das Bild von den großen Fußstapfen lässt in diesem Fall schmunzeln.
Die in ihre "Polls" vernarrten Briten bescherten ihrem neuen König kurz vor der Krönung immerhin einen gewissen Vertrauensvorschuss. Wobei der in Charles' Altersklasse deutlich höher ausfällt als bei den jüngeren Untertanen. Fast jeder dritte Brite wäre für ein Referendum über die Abschaffung der Monarchie. Gut die Hälfte will keine Volksbefragung – vielleicht sind sie nach dem "Brexit" ja vorsichtiger geworden, was das angeht.
Das gilt auch für Charles und seine Entourage. Ihnen dürfte klar sein, dass es mit überlieferter Tradition und Eindruck weckendem Prunk allein nicht mehr getan ist. "Bling Bling" können andere besser. Insofern stellt sich die Frage, ob etwas so Anachronistisches wie eine Krönung noch up to date ist.
Es soll etwas bescheidener und moderner zugehen als vor 70 Jahren, als Elizabeth gekrönt wurde. Die Fernsehbilder werden das als britisches Understatement entlarven. Auch wenn das Interesse im Vorfeld geringer scheint als vielleicht erwartet: Das kommt schon von selbst. Und es wird ganz sicher das Event, das ein gepeinigtes Vereinigtes Königreich braucht, um sein Image aufzupolieren. Und das seiner skandalumwitterten Monarchie.
Es ist kein Zufall, dass sich eine Reihe weiterer Länder in Westeuropa nach wie vor die konstitutionelle Monarchie leistet: angefangen bei den so fortschrittlichen skandinavischen Gesellschaften in Norwegen, Schweden und Dänemark über Spanien, Monaco und Liechtenstein bis zu den Beneluxstaaten.
In Belgien beläuft sich das Budget auf fast 41 Millionen Euro, in Luxemburg ist es etwas weniger als die Hälfte. Stolze Summen, sicher keine "Peanuts", aber deutlich weniger als das, was die britischen Verwandten zur Verfügung haben. Schon die Krönung dürfte mit schwindelerregenden Kosten zu Buche schlagen. Genaue Angaben soll es hinterher geben.
Fürs Entertainment? Fürs Aushängeschild? Das Festhalten an der Monarchie lässt sich – wie manches andere – nicht rational begründen. Für viele hat sie aber einen unschätzbaren Wert. Und sie übt eine unerklärliche Faszination aus.
Charles dürfte mit Fug und Recht den Beinamen "der Langausharrende" tragen. Seine späte "Krönung" sei ihm darum unabhängig von den hier gemachten Überlegungen gegönnt. In diesem Sinne: Möge Gott auch ihn schützen!
Stephan Pesch