Nie war der Beginn in ein neues Schuljahr wichtiger. Und er ist allemal wichtiger als seinerzeit die Wiedereröffnung von Baumärkten, als die Reiseampel des Außenministeriums oder die Frage, wann wie viele Fußballfans wieder ins Stadion dürfen. Schön wenn auch all das wieder unter gewissen Rahmenbedingungen möglich ist. Es sollte aber auch ohne gehen können.
Was für die Schule nicht gilt. Eltern, Lehrer, Kinderärzte, Pädagogen haben zur Genüge untermauert, dass Kinder und Jugendliche in gleich welcher Sozialisationsphase sie sich gerade befinden, den direkten Austausch mit Gleichaltrigen brauchen. Und für ein wirkungsvolles Lernen auch den Lehrer - von Angesicht zu Angesicht.
Womit wir beim Hauptstreitpunkt dieser Tage sind: der Maskenpflicht im Unterricht. Niemand wünscht sich ernsthaft, dass Schüler und Lehrer den ganzen Tag einen Mund-Nasen-Schutz in der Klasse tragen müssen. Bei unseren Nachbarn in Nordrhein-Westfalen hat Armin Laschet die Maskenpflicht im Unterricht an den weiterführenden und berufsbildenden Schulen gerade zum Stichtag am Montag ausgesetzt. Außerhalb des Unterrichts gilt sie in Schulgebäuden nach wie vor - wie auch in anderen deutschen Bundesländern.
Übrigens: Ein Gericht hatte noch vergangene Woche einen Eilantrag gegen die Maskenpflicht im Unterricht abgelehnt, weil sie "verhältnismäßig und erforderlich" sei. Sie stelle für die Schüler "fraglos eine erhebliche Belastung" dar, sei aber "zumutbar", so die deutschen Richter. Aber das ist in NRW ja nun erst einmal vom Tisch.
Hierzulande steht die Probe aufs Exempel noch aus. Die Erfahrungen der Nachbarn könnten aber eine Orientierungshilfe sein - inklusive schnellem Einlenken. Auch hier gehen die zuständigen Politiker davon aus, dass die Vorsichtsmaßnahme sehr bald wieder abgeschafft werden könnte - wenn es die Zahlen erlauben.
Denn auf der anderen Seite ist allen klar: Sobald an einer Schule ein Nachweis auf Corona erfolgt (oder mehrere), rappelt's im Karton. Wie, das haben wir kurz vor den Sommerferien gesehen. Und auch darauf will man vorbereitet sein, damit nicht gleich die ganze Schule (oder alle Schulen) geschlossen werden müssen.
Der Schulstart muss gelingen. Diesem Ziel hat auch die Politik in Belgien alles andere untergeordnet und das erklärt auch manche Maßnahme im Laufe dieses Sommers. Nun sollten alle Akteure darin bestärkt werden, den ersehnten Neustart so gut wie möglich hinzukriegen: Schüler, Lehrer und auch die Eltern. Wenn's sein muss, mit dem ein oder anderen Zugeständnis.
Mehr als jeder andere Lebensbereich wird die Schule zeigen, wie wir mit der neuen Situation weitgehender Ungewissheit zurechtkommen - und damit zu leben lernen.
Stephan Pesch