Die fünf Freunde aus der Kinderbuchreihe der britischen Autorin Enid Blyton wären aus dem Schneider: sich selbst genug, so gut wie alle unter zwölf und einer von ihnen obendrein ein Hund. Ihre eingeschworene Gemeinschaft hätte es also gar nicht gekümmert, dass der Nationale Sicherheitsrat Anfang der Woche die erlaubten Kontaktblasen radikal verkleinert hat. Was er nach Meinung flämischer Experten schon vorher hätte tun sollen.
Wir Erwachsenen im Belgien des Sommers 2020 sollen uns aber aussuchen müssen, mit welchen fünf Personen unser Haushalt in engem Kontakt bleiben soll für die nächsten inzwischen noch dreieinhalb Wochen - falls bis dahin die Schubumkehr gelingt.
Die zum Muttertag verkündete x+4-Regel (also vier feste Besucher pro Haushalt) war nach wochenlangem Lockdown noch begrüßt worden, auch wenn sich da schon der ein oder andere nicht zwischen Mutter, Schwiegermutter und engen Freunden entscheiden konnte oder wollte.
Mittlerweile stößt dieses belgische Patent der "Kontaktblase" eher auf Unverständnis. Wie soll das in der Praxis gehen? Und wie bitteschön soll die Einhaltung denn überprüft werden? Die eigentliche Ansage, die ja seit Anfang der Krise gilt, lautet: so wenige Kontakte wie eben möglich! Warum sagt man es uns dann nicht so? Wo wir doch wie Erwachsene handeln sollen.
Das gleiche gilt für Treffen außerhalb der eigenen vier Wände. Neben der augenscheinlichen Unvorhersehbarkeit des Virus erschreckt mich, dass wir angeblich auch nach Monaten noch so wenig wissen sollen, wie und wo es übertragen werden kann. Man muss nicht studiert haben, um festzustellen, dass das vor allem da passiert, wo Leute eng aufeinander hocken, feiern, trinken, tanzen ... so wie es der Virologe Hendrik Streeck schon früh für den Corona-Ausbruch im Kreis Heinsberg nachgewiesen hat. Dort gibt es seit einiger Zeit nur noch wenige neu bestätigte Fälle. Streeck will jetzt untersuchen, inwiefern früher Infizierte immun sind.
Es war grundehrlich, als Premierministerin Sophie Wilmès am Montag ganz am Ende der Pressekonferenz des Nationalen Sicherheitsrates auf eine Journalistenfrage sagte, selbst die besten Wissenschaftler wüssten nicht, wohin die Reise geht. Das ist aber nicht die Antwort, die eine coronamüde Bevölkerung erwartet.
Wir dürfen gespannt sein, wie die Sensibilierungskampagne des föderalen Strategieplans aussieht. Und, ja, auch wie sie ganz bestimmte Gruppen der Bevölkerung gezielt anspricht.
In der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist diese Bevölkerung Mitte dieser Woche immerhin eingeladen worden, ihre Erfahrungen aus der Corona-Krise in die Arbeit des PDG-Sonderausschusses einzubringen. Ein Angebot, das man nicht ausschlagen kann. Schon gar nicht diejenigen, die Politikern gerne vorwerfen, sie machten eh, was sie wollen.
Stephan Pesch
"Warum sagt man es uns dann nicht so? Wo wir doch wie Erwachsene handeln sollen?"
Weil es Menschen gibt, die Regeln brauchen oder die nicht verstehen, was "so wenig wie möglich" bedeutet.
Für den einen sind das 10 Personen, für den anderen 50.
Das mit dem erwachsenen Handeln - oder sagen wir lieber verantwortungsbewussten Handeln - funktioniert bei einem Teil der Bevölkerung, bei einem anderen jedoch nicht.
Dies hat wenig mit "Nicht Verstehen" zu tun, sondern vielmehr mit "Nicht verstehen wollen".
Ein Blick in so manches "soziale" Forum verdeutlicht, dass es erschreckend viele "Erwachsene" gibt, die bei ihrem Kampf für "Freiheit und Selbstbestimmung" jegliches Verantwortungsbewusstsein über Bord schmeißen und für die ihre eigene Befindlichkeit der einzige Gradmesser ist.
Richtig, diese Menschen wird man weder durch klare Regeln noch Appelle an ihre gesellschaftliche Verantwortung mit ins Boot bekommen.
Dabei tragen sie durch ihr Handeln und Agitieren selbst dazu bei, dass ihre "ihnen zustehende" Freiheit eingeschränkt wird.
Dumm aber auch...