Die Entscheidung hat auf sich warten lassen. Und damit meine ich nicht, dass sie erst gegen 22 Uhr verkündet wurde. Nein, die Clinique Reine Astrid in Malmedy hat sich viel Zeit gelassen, wenn man daran denkt, dass der Entschluss für eines der Krankenhausnetze zwingend vor dem 1. Januar 2020 gefasst werden muss.
Ganz anders - in Malmedy wird man sagen: typisch deutsch - die Krankenhäuser in Eupen und St. Vith, die sich frühzeitig für eine Zusammenarbeit mit dem Lütticher Verbund des Centre Hospitalier Chrétien (CHC) entschieden hatten. Naheliegend, wenn man die Verwaltungsräte sieht, in denen neben den Gemeinden und den Ärzten auch das Dekanat vertreten ist und in St. Vith die Christliche Krankenkasse.
Ebenso kann man die Option des rein politisch besetzten Malmedyer Verwaltungsrates für eine öffentliche Struktur nachvollziehen - wobei die Ärzte hier wohl wissentlich erst einmal außen vor gelassen wurden.
Mehr als wahrscheinlich haben bei der Netzwahl politische Erwägungen mitgespielt. Wobei ausgerechnet Schöffe Ersel Kaynak als einziges PS-Mitglied im Malmedyer Stadtrat das Zünglein an der Waage war.
Der Drahtzieher pro CHU und damit contra CHC ist aber der frühere Malmedyer Bürgermeister und jetzige Provinzabgeordnete André Léon Denis. Richtig: "der Sohn von". Er hat mehrere Jahre den Verwaltungsrat der Clinique Reine Astrid geleitet. Dafür hatte der gelernte Veterinär eine Zusatzausbildung in Krankenhausmanagement absolviert. Und auch seine MR-Kollegin Bernadette Thunus kennt sich als Finanzdirektorin in Krankenhausdingen aus.
Beide Seiten beteuerten hinterher, dass finanzielle Garantien für dringend benötigte Investitionen für sie ausschlaggebend waren. Denkbar aber, dass wir es nur mit einem klassischen Beispiel von ideologischer Fixierung zu tun haben. In dieser Hinsicht verdienen aber auch andere Trägerstrukturen einen kritischen Blick. Wenn der frühere PSC/CDH-Politiker René Thissen aus Weismes den knappen Beschluss seiner "Hausklinik" über eine prozedurale Beschwerde kippen will, erinnert das an eine Fußballmannschaft, die nach der Niederlage Protest einlegt.
Seine Malmedyer Parteifreunde geben sich als gute Verlierer. Zum einen gehen sie davon aus, dass die Konsequenzen der Entscheidung von dieser Woche noch nicht heute und morgen spürbar werden. Zum anderen kommt es ihnen vielleicht sogar entgegen, wenn Malmedy nicht zum selben Netz gehört wie die Kollegen in Eupen und St. Vith.
Schon jetzt werden geographische und vor allem sprachliche Argumente in die Waagschale geworfen, wenn es darum geht, Ausnahmen von der Regel zu erwirken, weil in gewissen Diensten die kritische Masse nicht erreicht werden kann. Beides könnte Malmedy zum Nachteil gereichen, wenn es darum geht, zwischen drei ostbelgischen Krankenhäusern abzuwägen.
Am Ende könnte gerade der Wettbewerb um Patienten, um Ärzte, um Pflegepersonal hier wie da zum stichhaltigen Argument innerhalb des Netzes werden.
Vergessen wir nicht, dass Malmedy auch für deutschsprachige Patienten eine naheliegende Lösung ist. A propos Patient: Der soll auch weiter frei darüber entscheiden können, ob er in der Citadelle oder im nagelneuen Mont Légia behandelt werden möchte - im Prinzip zumindest. Und da ist weniger die Trägerschaft der Klinik ausschlaggebend als die Qualität von medizinischer Dienstleistung und Pflege. Darauf muss das Hauptaugenmerk gelegt werden, nicht auf politische Spielchen.
Stephan Pesch