Ein Hauch von Wahlkampf schwebte durch den St. Vither Rathaussaal, der stark besucht war wie selten bei einer Stadtratssitzung. Bürger aus Recht wollten durch bloße Anwesenheit deutlich machen, wie sehr ihnen an diesem einen Punkt gelegen ist.
Mehr als 800 hatten sich auch schon bei einer Unterschriftenaktion gegen ein Windparkprojekt ausgesprochen. Das war Anlass für das Gemeindekollegium einzulenken. Sich aber alleine darauf verlassen, wie Karlheinz Berens vorschlug, wollte es nicht. Und schlug stattdessen den formelleren Weg vor: Eine Bürgerbefragung, wie es sie in ähnlicher Form schon zum gleichen Thema in Neidingen und Galhausen gegeben hatte. Oder vor ziemlich genau zwei Jahren in der Nachbargemeinde Burg-Reuland bei einer Umfrage zur sogenannten "Benzinstraße" in Espeler.
Zum einen können sich bei einer Bürgerbefragung auch diejenigen äußern, die für das Projekt sind. Und Christine Baumann ist "um jeden froh, der sich für die Windräder entscheidet". Außerdem ist die Stimmabgabe - anders als bei der Unterschriftenaktion - geheim. Da steht jeder mit seinem Gewissen in der Wahlkabine.
So ein Bürgervotum hat aber vor allem mehr Gewicht, wie Bürgermeister Christian Krings und Schöffe Herbert Grommes erklärten. Denn von den gesetzlichen Auflagen her sei der Antrag des Windparkpromotors in Ordnung. Die Gemeinde könnte sich höchstens weigern, ihr eigenes Gelände dafür herzugeben (und nebenbei gesagt: auf Einnahmen verzichten). Dann stünden die Windräder eben ein paar Meter weiter.
Bewusst lautete die Beschlussvorlage darum: "Bürgerbefragung zu Windkraftanlagen jeglicher Art auf öffentlichem und/oder privatem Gelände in Recht/Hunnert". So soll vermieden werden, dass ein abgeändertes Projekt oder ein neuer Antrag praktisch an dem einmal geäußerten Bürgerwillen vorbeilaufen könnte.
Dass dieser vom Stadtrat respektiert werden dürfte, daran besteht nach der Debatte kein Zweifel. Höchstens daran, wer sich am ehesten zum Anwalt des Publikum aufschwingen darf. Pikanterweise nahmen vor allem Vertreter der Freien Liste Solheid, die sich frühzeitig als eigenständige Formation präsentiert hatte, das Kollegium und den Energieschöffen in die Zange. Allen voran Spitzenkandidat Erik Solheid. Aber auch Herbert Hannen oder der Rechter Tobias Halmes. Sie fühlten sich erst spät und unzureichend informiert und hakten ungewohnt hartnäckig nach bei der Frage nach den Stimmvollmachten, nach der Verbindlichkeit der Bürgerbefragung und - überraschend - nach dem nötigen Quorum.
Was passiere, wenn nicht die erforderlichen 50 Prozent der 1.076 Stimmberechtigten an der Befragung teilnähmen, wollte Erik Solheid mit Nachdruck erfahren. Das wäre gelinde gesagt eine dicke Blamage. Weniger für die Gemeinde als für das Dorf Recht. Wer A sagt, muss auch B sagen. Wenn er schon gefragt wird.
Stephan Pesch