Wenig Beute, viele Tote. Ein Markenzeichen der Killerbande von Brabant. Das Mysterium konnte bis heute nicht gelöst werden, doch schon in den sogenannten bleiernen 80er Jahren war klar, dass da keine Stümper am Werk waren, sondern eiskalte Killer, die eine militärische Ausbildung genossen haben.
Arsène Pint, Mitgründer der Anti-Terror-Brigade Diane der damaligen Gendarmerie, stellte nach dem Überfall in Aalst sogar die Frage: "Das war doch wohl hoffentlich keiner von uns?" An Verschwörungstheorien ist der Fall der Brabanter Killerbande reich genug. Die Gängigste: Geheimdienste und Gendarmerie wollten den Boden für einen Staatsstreich bereiten.
Szenenwechsel. Wagen wir mal einen Vergleich mit dem RAF-Terror in Deutschland. Ein Terrorist hält sich in der Regel nicht für einen Terroristen, sondern für einen Freiheitskämpfer. Genau so war es in Deutschland mit der RAF. Die linksextremen Terroristen forderten einen Staat heraus, der ihnen als reaktionär galt - unter anderem, weil noch immer alte Nazis an der ein oder anderen Schaltstelle der Macht saßen. Es war auch die Zuspitzung eines Streits einer jungen Generation, die rebellierte und den Vätern die Frage stellte, wie sie sich im Dritten Reich verhalten haben.
Der sogenannte 'Deutsche Herbst' hat heute jedenfalls einen Vorteil. Es war und ist heute klar, wer hier gegen wen gekämpft hat und mit welcher Überzeugung. Das bietet Raum zur Verarbeitung.
Das Motiv der Killer von Brabant ist bis heute nicht bekannt. Und das macht die Sache so unerträglich. Es bleiben einfach zu viele unbeantwortete Fragen. Kann es denn wirklich sein, dass die Bürger von Vertretern ihres eigenen Staates terrorisiert wurden? Warum mussten kleine Kinder, die zufällig maskierten Männern im Weg standen, sterben?
Und weshalb schafft es der Justiz- und Polizeiapparat nicht, endlich Licht ins Dunkel zu bringen? Etwa weil man die Sache vertuschen möchte? All diese Fragen bleiben bis heute unbeantwortet. Und es dürfte gerade im Interesse dieser Institutionen sein, dass der Fall endlich geklärt wird, damit die Belgier dieses Trauma verarbeiten können und das Vertrauen in ihren Rechtsstaat gestärkt wird.
Gut möglich, dass die Schuldigen und die Drahtzieher sich nie vor Gericht verantworten müssen. Davon geht mittlerweile sogar ein Anwalt aus, der gleich mehrere Opferfamilien vertritt. Dass man die Verjährungsfrist im Fall der Killerbande 2015 um zehn Jahre verlängert hatte, lässt auch nicht jeden hoffen.
Trauriges Fazit: Vielleicht kommt die Wahrheit erst ans Licht, wenn die Mitwisser und Mittäter keine Verurteilung mehr fürchten müssen. Opfer der Killerbande möchten das Kapitel nach all den Jahren nur zu gerne abschließen. Wenn schon ohne Verurteilung, dann wenigstens mit der ganzen Wahrheit.
Manuel Zimmermann