"Tous ensemble", "Allemaal samen" und, jetzt versuche ich es mal mit Türkisch für Anfänger: "Hep Birlikte". Heißt alles das Gleiche. Also auf Deutsch: "alle zusammen!"
Mit diesen Worten hat sich ein türkischstämmiger Kandidat der Parti socialiste für die Wahl zum Brüsseler Regionalparlament an potenzielle Wähler gewandt. "Na und?", sagen Sie jetzt. Nun, daraus hat sich eine Diskussion entsponnen, die sogar uns deutschsprachige Belgier mit ins Boot nimmt.
Aber der Reihe nach: Zuerst einmal hat sich die liberale MR in Brüssel darüber empört, der PS-Kandidat fördere so wörtlich: "communautarisme" – interessanterweise gibt es im Flämischen dazu nur die Entsprechung im französischen Original, ein Hinweis darauf, dass es sich hier wohl um ein zutiefst belgisches Phänomen handelt.
Gemeint ist wohl eine bewusste Isolierung, Abkapselung, im Extremfall auch: Ghettoisierung einer Gemeinschaft. Und das würde durchaus mal eine offene Diskussion lohnen.
Übrigens hat der rechtspopulistische MR-Dissident Alain Destexhe dasselbe bei den Wahlen vor fünf Jahren schon der Brüsseler CDH aufs Brot geschmiert. Ehe ihm von der Gegenseite nachgewiesen wurde, dass auch in seinen (damaligen) Reihen Kandidaten mit Migrationshintergrund bei der Wahlwerbung in ihrer Muttersprache kommunizierten.
Steht ja auch nirgendwo geschrieben, dass es nicht so sein dürfe. Aber jetzt kommen wir Deutschprachigen ins Spiel. Oder besser gesagt: unsere Muttersprache, die offiziell als dritte Landessprache anerkannt ist.
Wenn schon mehrere Sprachen benutzt würden, so war es im frankophonen Rundfunk zu hören, dann solle Deutsch auf jeden Fall dabei sein. Sonst fühlten sich die Deutschsprachigen in den - wahlweise – Oostkantons, Cantons rédimés oder Ostbelgien ja zurückgesetzt. Vermutlich meinen diejenigen, die solche Argumente ins Feld führen, das auch noch so.
Also: Chers amis, beste vrienden, liebe Freunde: Wir deutschsprachigen Belgier wären schon froh, wenn Behörden oder Firmen mit uns in vernünftigem Deutsch kommunizieren würden. Emin Özkara, so heißt der Brüsseler PS-Kandidat, wird mit einem deutschen Wahlslogan in Schaerbeek, wo er im Gemeinderat sitzt, wohl keinen hinter dem Ofen hervorlocken.
Auf seiner Facebook-Seite reagierte er, indem er sein "Tous ensemble" in rund 20 verschiedenen Sprachen und Schrifttypen veröffentlichte – inklusive eines etwas verunglückten „Alles zusammen“.
Etwas tiefer teilte er eine Einladung zu einer Veranstaltung über rituelle Schlachtung und Ernähungsvorschriften, organisiert von der Vereinigung BePax, die aus Pax Christi hervorgegangen ist und sich für zwischengemeinschaftlichen Dialog und Vielfalt einsetzt. Das Motto: Tous à table! Ich würde hinzufügen: "Smakelijk!" und "Mahlzeit!".
Stephan Pesch