Zehn junge Männer und zwei junge Frauen haben das Finale des diesjährigen Königin-Elisabeth-Wettbewerbs erreicht. Damit hat sich die Dominanz der Pianisten im Vergleich zu den Pianistinnen seit der ersten Runde noch verstärkt. Denn vor genau drei Wochen gingen 53 Pianisten und 23 Pianistinnen ins Rennen. Korea bleibt auch im Finale das am stärksten vertretene Land, allerdings zahlenmäßig den anderen nicht mehr so überlegen. Wo kommen sie her die zwölf Finalisten? Es sind drei Koreaner, zwei Japaner, zwei Amerikaner, ein weiterer Amerikaner mit chinesischen Wurzeln, sowie aus Europa: ein Italiener, ein Tscheche, ein Kroate und ein Russe.
Jetzt müssen sie noch jeweils begleitet vom Belgischen Nationalorchester unter der Leitung von Marin Alsop ein Konzert ihrer Wahl und das Pflichtkonzert interpretieren. Bei den Wahlkonzerten schießt Rachmaninow den Vogel ab: gleich drei Mal wurde das dritte von Rachmaninow und je einmal das erste und zweite ausgewählt. Aber das schöne ist, sie werden an fünf verschiedenen Abenden gespielt, so dass nie zwei die gleichen Konzerte an einem Abend zu hören sein werden. Der nächste Komponist in der Hitliste ist - wie schon seit eigen Jahren - Prokofiev mit seinem zweiten Konzert, das dreimal gegeben wird, sowie je einmal das erste von Liszt, das zweite von Brahms, das erste von Chopin und das erste von Tschaikowsky, das ja früher der absolute Renner in der Finalwoche war.
Besondere Kopfschmerzen bereitet den Finalisten in diesem Jahr das Plichtkonzert. Es ist immer die besondere Herausforderung. Denn jeder der zwölf Finalisten hat genau eine Woche Zeit, dieses Werk einzustudieren. Aus dem Grund erfolgt der Einzug der Finalisten in die Chapelle Reine Elisabeth in Argenteuil, wo sie sich auf ihren Auftritt vorbereiten, ja auch paarweise. Vorige Woche Montag kamen die beiden Finalisten vom Montagabend an, am Dienstag dann jene die Dienstag spielen werden und so weiter. Dann erst entdecken sie die Partitur. Und es ist, dies ist die einhellige Meinung aller Kandidaten, ein unglaublich schweres Werk, nahezu unspielbar, wie mir die 27-jährige Yoonji Kim, die am Montag als erste an der Reihe ist, im Interview verriet. Mal sehen was sie und die Kollegen daraus machen werden.
Übrigens ist in diesem Jahr keiner dabei, der der absolute Favorit auf den Ersten Preis ist, wie dies zum Beispiel bei Markus Groh, Anna Vinnitskaya oder beim letzten Klavierwettbewerb vor drei Jahren Boris Giltburg war. Aber wagen wir trotzdem eine kleine Prognose: Wenn der musikalisch Reifste das Rennen machen sollte, dann ist der 29-jährige Tscheche Lukas Vondracek ein heißer Anwärter. Der technisch Brillanteste dürfte der Russe Dmitry Shishkin sein, ein unglaublich feinsinniger und visionärer Musiker ist der Kroate Aljosa Jurinic, sollte sich aber die Jury ganz bewusst für die Jugend entscheiden, was durchaus schon der Fall war, dann sind der 20-jährige Alberto Ferro und vor allem der 21-jährige Alexander Beyer vorne mit dabei.
Der BRF wird in dieser Woche in BRF-Aktuell die einzelnen Auftritte der Finalisten besprechen und sie in den Klassikzeit-Sendungen (Dienstag, Mittwoch und Donnerstag um 19 Uhr) im Interview vorstellen.
Hans Reul