Dieser „Dämon“ ist farbenfrohe, im besten Sinne des Wortes große russische Musik, wie man sie sich schöner nicht vorstellen kann. Da wird man an Tschaikowsky und auch Mussorgsky und deren bedeutende Opern, sei es „Pique Dame“ vom Erstgenannten oder auch ansatzweise an „Boris Godunow“ vom Zweiten erinnert.
Warum ist aber Rubinsteins „Dämon“ - vor allem im Westen - von den Spielplänen verschwunden.? Es kann an der Story liegen, die ebenso alt wie auch in ihrer Konsequenz abgegriffen erscheint. Dabei erinnert sie im Ansatz an den ewig herumirrenden „Fliegenden Holländer“, der auf der Suche nach der Rettung durch die Liebe ist. Gleich im Vorspiel fordert ein Engel den Dämon auf, sich durch Nächstenliebe zu bemühen in den Himmel zu kommen. Höhnisch lehnt dieser den Vorschlag ab.
Dann tritt Tamara, die Tochter des Fürsten Gudal auf. Sie bereitet ihre Hochzeit mit dem Prinzen Sinodal vor, aber da erscheint ihr der Dämon und versucht ihre Seele zu verwirren.
In den Schluchten des Kaukasus ist derweil der Prinz Sinodal auf dem Weg zu seiner Braut. Dem Dämon gelingt es mit Hilfe wilder tatarischer Krieger den Prinzen zu töten. Als Tamara vom Tod ihres Bräutigams erfährt, beschließt sie in ihrer Trauer ins Kloster einzutreten. Zum Unmut ihres Vaters, der den Prinzen rächen möchte.
Das ist die Handlung der beiden ersten Akte, die neben den Solisten einen beeindruckenden Chor verlangen.
Der abschließende dritte Akt ist dann im Vergleich dazu viel intimer besetzt. Hier konzentriert sich fast alles auf die beiden Protagonisten. Dämon und Tamara. Der Dämon erscheint Tamara in ihrer Klosterzelle und fleht diesmal um ihre Liebe. Sie kann nun nicht mehr widerstehen. Als der Dämon sie küsst, sinkt sie tot zu Boden. Die Engel erscheinen, vertreiben den Dämon für immer aus dem Kloster und führen Tamara in den Himmel. So endet die Oper.
Eine szenische Aufführung wäre für jeden Regisseur eine ganz außergewöhnliche Herausforderung, vielleicht ist es darum auch besser das Werk rein konzertant zu geben, wie La Monnaie dies im Palais des Beaux Arts bei den beiden Vorstellungen macht. Denn die Musik, ist grandios und spricht für sich selber, wenn man ein solch phantastisches Ensemble zur Verfügung hat wie hier.
Aus der Solistenriege ragen einige Künstler besonders heraus: Alexander Vassiliev als ausdrucksstarker Diener des Prinzen, Ante Jerkunica mit tiefschwarzem Bass als Vater Gudal, Kostas Smoriginas als Dämon und für mich die Entdeckung des Abends Veronika Dzhioeva, die in Brüssel ihr Debüt als Tamara gab.
Ebenso beeindruckend ist die Leistung der diversen Chöre. Martino Faggiani und Benoît Giaux haben den mit nahezu 80 Sängerinnen und Sängern besetzten Chor und den Mädchenchor „La Choraline“ auf den Punkt vorbereitet. Das gleiche gilt für das Orchester, das sich unter der Leitung von Mikhail Tatarnikow, der schon Ende der letzten Saison bei der Rachmaninow-Trilogie es verstand der russischen Musik ihre ganze Farbenvielfalt und Seele zu verleihen, von seiner allerbesten Seite zeigte.
Leider steht die Produktion nur noch einmal auf dem Programm, nämlich an diesem Sonntag, 24. Januar um 15 Uhr im Palais des Beaux Arts in Brüssel.
Hans Reul - Bild: Tomas Kauneckas (Monnaie)
Sehr gut, mon cher collègue !
Freundliche grussen,
Bruno - Crescendo