Am 4. Mai ist er gestartet, knapp vier Wochen später stand die Siegerin des Königin-Elisabeth-Wettbewerbs 2015 für Violine fest: die Koreanerin Ji Young Lim.
Alle Beobachter sind sich einig: Sie hat zu Recht den Ersten Preis gewonnen, allerdings wäre auch niemand verwundert gewesen, wenn etwa der Benjamin des Concours, der 18-jährige Stephen Waarts auf Platz eins gestanden hätte, oder der Deutsche Tobias Feldmann.
In diesem Jahr gab es keine eindeutigen Favoriten, wie wir es zum Beispiel mit Vadim Repin, Sergey Khatchatryan oder auch Ray Chen schon öfters erlebt haben. Nein, das Niveau war in diesem Jahr sehr hoch, aber in gewisser Weise auch sehr ausgeglichen.
Die 20-jährige Ji Young Lim hat am letzten Abend der Finalwoche mit einer überragenden Interpretation des Violinkonzertes von Johannes Brahms überzeugen können. Mit wunderbar warmem, stets intonationssicherem Spiel konnte sie begeistern. Ihre Technik ist ohne jeden Makel und es ist ein einfach ein Vergnügen, ihr zuzuhören. Sie war eine von drei Koreanerinnen, die das Finale der besten zwölf erreicht hatten - und sie war ein bisschen stolz auf sich und ihre Landsfrauen.
Sie arbeiten hart und haben Leidenschaft und Ausdauer, die Koreanerinnen. Und die jungen Asiaten sind schon lange nicht mehr nur reine Virtuosen, sondern haben sich die klassische Musik auch inhaltlich zu eigen gemacht. Ji Young Lim ist dafür ein schönes Beispiel.
Auf Platz zwei landete mit dem Ukrainer Oleksii Semenenko eine faszinierende Persönlichkeit. Dritter wurde der Amerikaner William Hagen. Auf vier finden wir den Deutschen Tobias Feldmann, auch er ein wunderbarer Musiker und bei seinem Finalauftritt am Montagabend sorgte er für eine ganz außergewöhnliche Situation.
Hochkonzentriert und doch immer mit einem Lächeln auf den Lippen spielte er sein Wahlkonzert, das zweite von Bela Bartok. Und dann passierte das Unerwartete: Eine Saite riss. Ein Raunen ging unmittelbar durch den ganzen Saal, über 2000 Besucher waren wie versteinert, aber einer behielt die Nerven: Tobias Feldmann reichte innerhalb des Bruchteils einer Sekunde sein Instrument dem Konzertmeister des Nationalorchesters, nahm dessen Violine und spielte unmittelbar weiter. Für diese Coolness hätte er schon einen Preis verdient gehabt, aber nicht nur aus diesem Grund.
Ebenso beeindruckend war Stephen Waarts. Er ist erst 18 Jahre, aber spielt mit einer Reife, die ihn über das gängige Bild eines Wunderkindes weit hinaushebt. So ist es auch nachvollziehbar, dass er den Publikumspreis der Hörer von Musiq3 und Klara erhielt. Sechste wurde die Japanerin Fumika Mohri.
Seit einigen Jahren ist es üblich, dass die sechs weiteren Finalisten ex-aequo geführt werden, damit eben niemand als Zwölfter und damit vermeintlich Letzter die Bühne betreten muss. Wobei: Ein zwölfter Preis beim Königin-Elisabeth-Wettbewerb wäre immer noch eine grandiose Leistung, denn bis dahin hat man sich schon in zwei anspruchsvollen Runden durchsetzen müssen.
Zum Auftakt der Preisverleihung in der Nacht von Samstag auf Sonntag war es zu einem kleinen peinlichen Missverständnis gekommen. Eine andere Koreanerin mit ähnlich klingendem Namen wie die Siegerin Ji Young Lim, nämlich Ji Yoon Lee hatte verstanden, dass sie den ersten Preis gewonnen hätte und war zwar nicht jubelnd, sondern eher ein wenig erstaunt auf die Bühne getreten, um dann zu erfahren, dass sie nicht gewonnen hatte.
Ji Yoon Lee zählte nachher zu den ex-aequo Platzierten Laureaten. Das Publikum bedachte sie mit besonders herzlichem Beifall, um ihr doch ein Gefühl der Anerkennung und vor allem der Sympathie zu geben.
Am 26. Juni wird die Siegerin des Königin-Elisabeth-Wettbewerbs, Ji Young Lim, gemeinsam mit dem Belgischen Nationalorchester auf Einladung von OstbelgienFestival und arsvitha in St.Vith gastieren.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)