In wenigen Tagen feiert er seinen 24. Geburtstag, der aus Rosenheim stammende Violinist Thomas Reif. Ein in vielerlei Hinsicht gestandener Musiker. Nach dem Besuch des Mozarteums in Salzburg setzt er derzeit seine Studien an der Musikhochschule Hamburg fort. Daneben ist er ein gefragter Solist und Konzertmeister diverser Kammer- und Symphonieorchester. Beim Concours Reine Elisabeth hatte er bisher mit sehr interessanten Programmangeboten überzeugen können. Man erhoffte sich viel von seinem Finalauftritt, leider blieben manche Wünsche und damit auch Fragen offen.
Das Pflichtwerk "..aussi peu que les nuages...." von Michael Jarrell ging er relativ vorsichtig an, jeder Ton bekam in diesem Parforceritt der Sechzehntelnoten die angemessene Bedeutung und Präsenz. Er beherrschte die Partitur und auch das Orchester.
Dann folgte mit dem berühmten Violinkonzert von Peter Tschaikowsky das Wahlwerk von Thomas Reif. Die Frage sei erlaubt: Warum ausgerechnet dieses Schlachtross aller Violinwettbewerbe? Sicher, es ist ein wunderschönes Konzert, das eben typisch ist für Wettbewerbe. Aber Thomas Reif schaffte es leider nicht dem romantischen Charakter und dem extrovertierten Geist dieses Werks gerecht zu werden. Zunächst einmal wählte er gemeinsam mit dem Belgischen Nationalorchester ein eher langsames Tempo für den Eingangssatz, das wirkte alles sehr schwergewichtig. Und Reif unterliefen einige Intonationsprobleme, die wir in den ersten beiden Runden nie von ihm gehört hatten. Auch schaffte er es nicht, sich als Solist über das Orchester zu erheben, eher erinnerte er an einen Primus inter Pares. Das kann bei anderen Violinkonzerten der ideale Ansatz sein, aber nicht bei Tschaikowsky. So darf man sich fragen, ob diese Wahl die richtige für ihn war. Schade um die verpasste Chance, denn Thomas Reif ist gewiss ein herausragender Musiker, der seinen Weg gehen wird.
Das darf man auch von Fumika Mohri sagen. Die 21-jährige Japanerin war die positive Überraschung des Dienstagabends. Bei ihr klang das Pflichtwerk wieder ganz anders. An und für sich ist es ein Zeichen für die Qualität einer Komposition, wenn sie je nach Interpretation eine andere Nuance offen legt. Bei Fumika Mohri ist es das Legato-Spiel, das die virtuosen Läufe zu einer weitaus poetischeren Sicht führt. Im Mittelteil kreierte sie eine fast sphärische Stimmung.
Und das Sibelius-Konzert liegt dieser Violinistin, die bisher ausschließlich in ihrem Heimatland studierte. Gleich im ersten Satz machte sie die Weite der finnischen Landschaft, die Sibelius in diesem Werk heraufruft, spürbar. Der Vorname Fumika hat übrigens eine Bedeutung: Fumika ist als Postbote des Totenreiches tätig und hat zur Aufgabe, die letzten Briefe an die Lebenden auszuliefern. Fumika ist in der japanischen Tradition eine herzliche Person, die niemandem Böses will, aber Gefühle und Job getrennt hält. Daran kann man ein wenig denken, wenn man Fumika Mohri beim Spiel zusieht. Sie ist ganz konzentriert in der Musik, schaut kaum zur Dirigentin und schafft es trotzdem, bis auf einige leichte rhythmische Abweichungen im Finalsatz mit dem Orchester eins zu werden. Vor allem der langsame Satz war ein lyrisch anmutender Moment.
Am Mittwochabend sind die Kandidaten fünf und sechs an der Reihe: der Amerikaner Kenneth Renchaw und die erste von insgesamt drei Koreanerinnen der Finalwoche: Bomsori Kim.
Bild: Laurie Dieffembacq (belga)