In den Probenwochen avancierte der auf den ersten Eindruck hin schüchterne, gerade mal 19-jährige Loïc Nottet zu einem absoluten Liebling der Fans und der anwesenden Journalisten. Charmant parierte er souverän sämtliche Fragen und sobald er sein strahlendes Lächeln zeigte, waren alle fasziniert. Seinem unwiderstehlichen Charisma konnte sich kaum jemand entziehen.
Unabhängig vom Ausgang des Song Contest wurde ihm mit seinem modernen und zeitgemäßen Titel „Rhythm Inside“ bereits von den Musikkennern eine steile Karriere vorausgesagt. Am Abend war es dann soweit und im ersten Semifinale des 60. Eurovision Song Contest hatten die europäischen Zuschauer neben Loïc Nottet 15 weitere Kandidaten zu beurteilen, die alle das gleiche gemeinsame Ziel hatten: sich einen Finalplatz im großen Showdown des weltgrößten Musikwettbewerbs zu sichern.
Um 22:58 Uhr war es dann soweit und die Moderatorinnen verkündeten die erlösenden Worte des zehnten und letzten Beitrags: "Belgium - welcome to the final".
Loïc hatte einen makellosen Auftritt hingelegt. Vor dem minimalistischen ganz in Schwarz-weiß gehaltenen Bühnenbild tanzte er mit seinen akkuraten Backgroundtänzern zu einer ausgefeilten und modernen Choreografie, die er zuvor in monatelanger Kleinstarbeit bis in das letzte Detail ausgearbeitet hatte. Der belgische Auftritt wurde in der Halle mit enormem Beifall gefeiert.
Das machte schon Hoffnungen darauf, dass sich die Fernsehzuschauer ebenso wie das anwesende Publikum in der ausverkauften Wiener Stadthalle von den stampfenden Beats mitreißen und zum Anrufen animieren ließen. In einer ersten Stellungnahme zeigte sich Loïc überwältigt und versprach, für das Finale noch einmal alles zu geben! Für die Zuschauer, für die Fans, für Belgien.
Zu einem Desaster entwickelte sich der so ambitionierte niederländische Beitrag "Walk along". Manchmal ist des Guten einfach zu viel, sodass die eigenwillig modische und choreografische Verpackung des eigentlich so eingängigen Liedes der so stimmgewaltigen, großartigen Trijntje Oosterhuis erheblichen Schaden nahm und sang- und klanglos ausschied. Mit komponiert hat den niederländischen Beitrag übrigens Anouk, die beim Song Contest in Malmö 2013 mit der Ballade "Birds" auf dem neunten Platz landete.
Loïc begleiten in das Finale des 60. Eurovision Contest am Samstag (23. Mai) die Beiträge aus Armenien, Albanien, Russland, Georgien, Ungarn, Serbien, Griechenland, Estland und Rumänien. In welcher Reihenfolge die Beiträge die Finalqualifikation erreichten, wird erst nach dem großen Finale bekanntgegeben, um die Chancengleichheit zu wahren, da alle Teilnehmer wieder bei Null beginnen sollen.
Was maßlos stört, auch in diesem Jahr wieder, sind übergroße Fahnen im Stehplatzbereich. Sie beeinträchtigen eine perfekt inszenierte Show. Hier sollte die European Broadcasting Union (EBU) reagieren und Fahnen nur bis zu einer Größe zulassen, die den Fernsehkameras und damit den Fernsehzuschauern nicht die Sicht versperren.
Was sich der ORF bei der Verpflichtung von vier Moderatorinnen gedacht hat, weiß wohl nur Edgar Böhm, der Verantwortliche beim österreichischen Rundfunk. Während Vorjahres-Siegerin Conchita souverän das Opening mit dem Siegertitel "Rise like a Phoenix" zelebrierte und kurzweilige Gespräche im "Green Room" führte, waren von Arabella Kiesbauer, Mirjam Weichselbraun und Alice Tumler mindestens zwei Damen zu viel. Conchita hätte auch die anderen Moderationen mit Bravour gemeistert.
Fotos: Andres Putting, Elena Volotova/EBU, Dieter Nagl/AFP, Sigi Doppler