Die Geschichte der Perlenfischer spielt in Sri Lanka, oder genauer gesagt in Ceylon, wie die Insel zu Bizets Zeiten noch hieß. Die beiden Freunde Nadir und Zurga waren beide in ihrer Jugend in die hübsche Leila verliebt. Aber um ihre Freundschaft zu retten, beschlossen sie, beide zu verzichten.
Sie können es sich schon denken: Daraus wird nichts. Nadir und Leila werden zueinander finden. Zurga, der mittlerweile zum Anführer erhoben wurde, wird Leila und Nadir verurteilen, aber letztendlich wird er, nachdem es einige hanebüchenen und wenig logische Szenen gegeben hat, beiden zur Flucht verhelfen.
Die Geschichte hat manches Mal zu unsäglichen, von kitschiger Exotik nur so triefenden Inszenierungen geführt. Das geht soweit, dass manche Opernhäuser diese Bizet-Oper mittlerweile lieber konzertant aufführen. Aber wenn die Oper in einem abstrakt nüchternen Bühnenbild wie jenem von Tom Schenk in Lüttich ohne dekorative Palmen oder Sandstrände auf die Bühne gebracht wird, dann ist "Pêcheurs de perles" auch szenisch machbar.
Der Regisseur Yoshi Oïda, ein langjähriger Mitarbeiter von Theaterlegende Peter Brook, hätte seine Inszenierung ebenso konsequent nüchtern anbieten sollen. Was die Personenführung der Hautdarsteller betrifft, ist er auch dieser Linie gefolgt. Aber was hat ihn nur dazu bewogen, eine karikatural bis lächerlich wirkende Choreographie anzufügen? Das sah leider manchmal aus wie ungelenkes Bodenturnen oder Trockenschwimmen. Sei's drum.
Ohnehin ist die Musik das Wesentliche und da kann Lüttichs Chefdirigent Paolo Arrivabeni mit seinem Orchester in den herrlichen Melodien von Bizet wunderbar schwelgen. Wenn Arrivabeni dem Orchester der Königlichen Oper der Wallonie vorsteht, dann ist Verlass auf den Klangkörper.
Beim Chor hingegen gab es kein in sich geschlossenes Klangbild, das wirkte von der ersten Szene an sehr unausgewogen. Wie wir allerdings erfahren konnten, waren die Proben des Chores von zahlreichen Erkrankungen geprägt, sodass das Ensemble erstmals am Premierenabend komplett auf der Bühne stand. Dies kann sich also bei den nachfolgenden Aufführungen erheblich verbessern. Hoffen wir es.
Aber und das ist vor allem erfreulich an dieser Produktion: Die Solisten überzeugten auf der ganzen Linie. Dabei setzt Operndirektor Stefano Mazzonis ausschließlich auf belgische Sänger. Roger Joakim gibt die kleinere Rolle des Nourabad mit ernstem Bass, Marc Laho meisterte die Tenorpartie des Nadir mit sicherer Leichtigkeit und sehr natürlichem Ton, Anne-Catherine Gillet sang mit lyrischem und hellem Sopran die Leila und die Krone gebührt Lionel Lhote, der dem Zurga mit warmen Bariton Gestalt gab. Bis kommenden Samstag steht "Les pêcheurs de perles" auf dem Programm der Lütticher Oper.
Bilder: Jacky Croisier/ORW