Um im Jägerjargon zu bleiben: Diese Freischütz-Produktion war leider kein Volltreffer. Im Gegenteil. Die Neu-Inszenierung des Opernklassikers von Carl Maria von Weber im Theater Aachen ist enttäuschend. Und dies gleich in vielerlei Hinsicht.
Der Regisseur Martin Philipp lässt seine Sänger ziemlich alleine im angedeuteten Wald. Vor allem in den beiden ersten Akten ist von Personenführung rein gar nichts zu spüren. Die Sängerinnen und Sänger stehen verloren auf der Bühne herum.
Gerne dürfen die Protagonisten an der Rampe ihre Arien und Duette singen, der einzige, der wild herumspringt, ist Jägerbursche Kaspar, aber das wirkt auch keineswegs glaubhaft. Besonders zu bedauern ist die arme Agathe. Wenn sie ihr "Entsetzen" zum Ausdruck bringt, schaut sie uns mit ausdruckslos gelangweiltem Gesicht an. In der Wolfsschluchtszene gibt es dann viel Theaterlärm, da dürfen weder Flammenwerfer noch eine kräftige Windmaschine fehlen, die die Blätter über die Bühne fegen lässt, aber dafür Musik und Gesang auch mal überdeckt.
Im zweiten Teil des Abends bringt Martin Philipp etwas mehr Tempo in die Handlung, aber im Gegensatz zu Teil eins, scheint er jetzt eher eine Freischütz-Parodie auf die Bühne bringen zu wollen. Eine konsequente Regie sieht anders aus. Selten hat der Auftritt der Brautjungfern, ob nun gewollt oder nicht, das sei mal dahingestellt, so lächerlich gewirkt. Der Chor der Jäger trinkt statt eines Gläschen Schnaps einen Becher Blut des frisch erlegten Bocks und muss den Rest des Abends mit blutverschmierten Mund auf der Bühne ausharren. Das ist nicht besonders originell.
Auch überrascht bei dieser Produktion, dass die Aussprache der Sänger alles andere als klar verständlich ist. Dass es auch anders geht, zeigt derzeit die Königliche Oper der Wallonie in Lüttich, wo Otto Nicolais komische Oper "Die lustigen Weiber von Windsor" mit exemplarischer Diktion gesungen wird. Jelena Rakic singt zwar sehr schön die Partie des Ännchen und gibt ihr die notwendige jugendliche Verspieltheit, aber leider versteht man kein Wort. Katharina Hagopian ist gesanglich eine sehr gute Agathe, aber darstellerisch gibt sie der Figur leider wenig Leben. Gleiches gilt für Chris Lysack, er bemüht sich sehr, den Jägerburschen Max mit feinem Tenor zu singen, aber die Regie hilft auch ihm nicht.
Positiv ist, dass im Orchestergraben überzeugend musiziert wird. Aachens junger Kapellmeister Justus Thorau lässt das Sinfonieorchester ebenso klangschön wie engagiert aufspielen. Musikalisch gibt es, mal abgesehen von kleineren Patzern, nichts auszusetzen. Es ist schade, dass die Reihe der großartigen Produktionen im Theater Aachen wie "West Side Story" und "Brokeback Mountain" nicht mit diesem Freischütz fortgesetzt wird. Hoffen wir auf die nächste Premiere. Ab dem 22. März gibt es "Jenufa" von Leos Janacek.
Bild: Ludwig Koerfer