Wenn Lüttichs Opernchef Paolo Arrivabeni Werke von Giuseppe Verdi dirigiert, dann kann man davon ausgehen, dass es ein musikalischer Hochgenuss wird. Das trifft auch auf die aktuelle Produktion von "La Forza del Destino" zu. Mit Engagement und Leidenschaft, Mut zum Tempo und dem klangschönen Ausleuchten der feinsten Momente geht er schon die Ouvertüre an, die bereits auf die schönsten Themen der Oper hinweist. Und herrliche Musik gibt es zuhauf in diesem Meisterwerk von Giuseppe Verdi, dessen Libretto, zugegeben, nicht gerade eine der besten literarischen Vorlagen im Verdi-Katalog darstellt. Und darunter leidet denn auch manche Inszenierung. Auch in Lüttich.
Was geschieht eigentlich: Alvaro tötet gleich zum Auftakt des Geschehens ohne Absicht den Vater seiner Geliebten Leonora. Das ist der Ausgangspunkt des ganzen Dramas. Alvaro muss sich verstecken, Leonora geht, wie es wohl damals in solchen Situationen üblich war, ins Kloster. Ihr Bruder Carlos schwört Blutrache, aber rettet zunächst den Mörder seines Vaters, da er ihn nicht erkennt. Natürlich werden die wahren Identitäten aufgedeckt, Alvaro bringt im Duell Carlos um, der seinerseits in einem letzten Kraftakt Leonora den Todesstoß versetzt, und Alvaro bleibt alleine mit gebrochenem Herzen zurück.
An dieser ziemlich wirren Handlung ist schon mancher Regisseur gescheitert. Das kann man Francesco Maestrini nun nicht dezidiert vorwerfen. Nein, er erzählt ganz einfach die Geschichte, ziemlich schnörkellos aber damit auch recht banal. Da dürfen die Hauptdarsteller am Ende einer Arie auch mal mit ausgebreiteten Armen an der Rampe stehen und den Applaus des begeisterten Publikums in Empfang nehmen. Großes Regietheater ist das nicht, aber sehr sängerfreundlich. Das ist auch was Wert. Und in Lüttich wird wie zumeist auf sehr hohem Niveau gesungen. Bei der Vorstellung am gestrigen Sonntag begeisterten die beiden Männer, Giovanni Meoni als Leonoras Bruder Don Carlo mit sehr schönem rundem Bariton und Zvetan Michailov, mit kräftigem und immer intensivem Tenor als Don Alvaro. Weniger überzeugend fand ich diesmal Daniele Dessi als Donna Leonora. Sie haben wir in Lüttich schon in besserer Form erlebt. Allzu breit war das Vibrato ihrer Stimme.
Diese Produktion von "Forza del Destino" ist eine Übernahme der slowenischen Nationaloper Maribor und wenn man weiß, dass diese Inszenierung für eine Gastspielreise nach Japan vorgesehen war, die dann allerdings in Folge der Tsunami-Katastrophe abgesagt werden musste, kann man das Bühnenbild nur loben. An und für sich beschränkt man sich auf Projektionen, die jeder Szene das angepasste Ambiente verleihen, wobei man manchmal auch hart an der Grenze zum Kitsch ist. Aber ähnlich wie für die Inszenierung wird somit die Handlung klar verständlich.
Bis kommenden Sonntag steht "La Forza del Destino" auf dem Spielplan. Aber alle Vorstellungen sind restlos ausverkauft.
Bild: Opéra Royal de Liège