Im Gegensatz zu vielen anderen Werken Puccinis geriet die Geschichte vom Mädchen aus dem Westen etwas in Vergessenheit. Vor 30 Jahren stand diese Oper dann auch zum letzten Mal auf dem Programm der Lütticher Oper. Höchste Zeit sich des Werkes wieder anzunehmen.
Da ist ein dramatischer Sopran gefragt, eine Sängerin, die auch die großen Wagner-Partien wie Isolde oder Brünnhilde im Ring des Nibelungen meistert. ?it Deborah Voigt gastiert in Lüttich eine solche Künstlerin, die in den angesprochenen Wagner-Rollen an der Metropolitan Opera in New York glänzt ebenso ist wie in der Wiener Staatsoper. Und wie sie die Minnie, die Fanciulla jetzt in Lüttich singt, ist ein echtes Erlebnis. Da gibt es nichts dran auszusetzen, jede Note, jede Nuance sitzt. Und alles wirkt ganz einfach und leicht.
Aber auch die beiden männlichen Protagonisten lassen keine Wünsche offen: Der Tenor Carl Tanner singt grandios den Dick Johnson alias Ramerrez und der Bass Carlos Almaguer verleiht dem Sheriff Jack Rance die notwendige Tiefe und Würde. Beide sind ja in Minnie verliebt und wie Deborah Voigt sagt, ist dies für eine Sängerin eine besondere Freude, wenn diese und auch alle anderen Männer in der Oper hinter ihr her sind.
Als die Oper 2010 ihren 100. Geburtstag feierte, da hat Deborah Voigt gleich in den drei großen amerikanischen Opernhäusern, der Met in New York, in Chicago und San Francisco die Minnie gesungen. Und die Produktion aus San Francisco wird nun in Lüttich gegeben. Lorenzo Mariani zeichnet für die Regie verantwortlich. Die Inszenierung ist sehr konventionell und erzählt ganz traditionell die Handlung. Wir sind in einer Goldgräberstadt, der Bandit Ramerrez schleicht sich in den Saloon unter dem Namen Dick Johnson und Minnie verliebt sich in ihn. Natürlich fliegt der Schwindel auf und man möchte Ramerrez alias Johnson hängen sehen, zumal der Sheriff ja ein Auge auf Minnie geworfen hat. Aber letztendlich schafft sie es Ramerrez frei zu bekommen. Das wird alles ganz leicht nachvollziehbar erzählt. Aber warum muss Minnie am Ende der Oper auf einem Pferd angeritten kommen. Das wirkt nicht naturalistisch sondern eher ein wenig lächerlich. Pferde gehören ebenso wenig auf die Opernbühne wie in eine Tiefkühl-Lasagne.
Musikalisch präsentiert sich das Opernorchester unter der Leitung von Gianluigi Gelmetti auf sehr gutem Niveau und eines wird wieder einmal deutlich: die Film- und Musicalkomponisten haben bei Puccini wie bei keinem anderen Komponisten geklaut. Oder andersrum: Puccini war in Sachen Klang und Melodien seiner Zeit um einiges voraus. Auch aus diesem Grund ist es wichtig, La Fanciulla del West dem Vergessen zu entreißen. Bis zum 5. März wird die Oper in Lüttich gegeben.
Bild: Opéra Royal de Wallonie