Welch beglückende Idee, Stefan Herheims Rusalka nach gut drei Jahren wieder aufzunehmen.
Manchmal ist man ja beim zweiten Erleben einer Produktion etwas enttäuscht. Aber hier stimmt einfach alles. Von der ersten Minute an fesselt uns die Magie dieser Inszenierung der Dvorak-Oper.
Die Bilder haben sich bei all jenen, die schon Ende 2008 dabei waren, fest verankert und werden nun wieder wachgerufen und man versteht, warum man damals schon so begeistert war.
Herheim bringt die bekannte Geschichte der Wassernixe, die so gerne Mensch würde, nicht als traditionelle Märchenoper, sondern es ist vielmehr die tiefenpsychologische Deutung mit ihren zahlreichen Spiegelungen, die uns immer noch in ihren Bann zieht.
Schon der Einstieg ist überraschend. Man blickt auf eine Straßenszene, links eine Bar, daneben der Eingang zur Metrostation, dahinter eine Backsteinkirche, auf der rechten Straßenseite eine heruntergekommene Hausfassade, in deren Parterrebereich ein Ladenlokal zunächst einen Sexshop, später eine Brautkleiderboutique und eine Metzgerei beherbergt. Ein Weidenbaum, der sich nachher in Algen verwandelt, hängt über der ganzen Szenerie. Im Schmuddelwetter strömen die Menschen über die Straße, ständig wiederholen sich die Bilder, es ist der alltägliche Wahnsinn.
Dann taucht Rusalka am Bühnenrand in silbrig glitzerndem Kleid auf. Wie Herheim ihre Suche nach der Liebe und Menschwerdung in eine andere Zeit überträgt, ist von einer unvergleichlichen Schlüssigkeit. Ebenso faszinierend die Ideen wie ihre Umsetzung. Jedes Detail ist genau durchdacht. Schon die bühnentechnische Realisierung ist und bleibt bewundernswert: Sei es die Rosette eines Kirchenfensters, die sich plötzlich in eine rotierende Diskothekenbeleuchtung verwandelt, Barhocker, die im Rhythmus mittanzen, die Litfasssäule, die als Bühne und Käfig dient, und vieles mehr.
Dabei geht Stefan Herheim stets von der Musik aus. Jede Bewegung, jede Lichtänderung macht Sinn. Und wieder ist es der Dirigent Adam Fischer, der dem Orchester feinste poetische Momente, aber ebenso kraftvolle Ausbrüche entlockt. Auf der Sängerseite wird man regelrecht verwöhnt: Myrto Papatanasiu ist mit ihrem kraftvollen hellen Sopran eine sehr starke Rusalka, der vielleicht ab und zu ein wenig die Sinnlichkeit fehlt. Willard White singt und spielt den Wassergeist Wotnik, als dessen Traum und Alptraum die ganze Geschichte erzählt wird, mit großer Bühnenpräsenz. Besonders erwähnen aus dem durchgehend hervorragenden Ensemble muss man den Tenor Pavel Cernoch als Prinz und Renée Morloc, die als Jezibaba mal als Hexe, mal als vermeintlich nette Blumenhändlerin der Figur Glaubwürdigkeit verleiht.
Bis zum 16. März steht "Rusalka" auf dem Programm. Wegen der dichten Aufführungsfolge ist eine Doppelbesetzung vorgesehen. Unser Tipp: Hingehen. Diese "Rusalka" ist ein Meilenstein des Musiktheaters.
Bild: Sébastien Forthomme (Monnaie)