Es ist der erste Wagner für Paolo Arrivabeni, den Chefdirigenten der Lütticher Oper. Dass er ein ausgewiesener Spezialist des italienischen Repertoires ist, das hat Arrivabeni schon eindringlich bewiesen. Und nun glänzt er auch mit seiner Interpretation des Fliegenden Holländers.
Dabei ist die Disposition des Orchesters im Lütticher Palais Opera alles andere als günstig. Da gilt es zwischen den Hörnern und den anderen Blechbläsern knapp 30 Meter Distanz zu überwinden, was einen manchmal eher analytischen Gesamtklang ergibt. Aber Arrivabeni versteht es, das Orchester wie einen Sturm aufbrausen zu lassen, und dann wieder in feinstem piano die Sänger zu begleiten. Wagner schreibr dies so schon in der Partitur vor, so Arrivabeni im BRF-Interview.
Fürwahr große Stimmen konnten wir bei der Premiere erleben. Da muss man zunächst die Sopranistin Manuela Uhl hervorheben. Wie sie die Partie der Senta meisterte, ist aller Ehren wert. Nur selten hört man die Ballade der Senta im zweiten Akt mit einer solchen Perfektion, Leichtigkeit und Intensität. Wie sie nach dem Chor der Spinnerinnen fast im pianissimo einsteigt und doch den Raum füllt, lässt einen sogleich aufhorchen. Danach überzeugt sie mit ebenso runder wie kraftvoller Stimme. Manuela Uhl hat die Rolle der Senta schon an einigen deutschen Häusern gesungen, aber ich bin sicher, man wird sie bald in den bedeutendsten Opernhäusern der Welt sehen und man sollte sich ihr Lüttich-Gastspiel als Senta auf keinen Fall entgehen lassen.
Auch die weiteren Solisten können überzeugen. Sei es Alastair Miles als ein in jeder Hinsicht sehr eleganter Daland, oder Marck Rucker in seinem Debüt als Holländer und Corby Welch mit sehr schöner, aber nicht immer ganz intonationssicherer Tenorstimme als Erik.
Diese Partie hat Regisseur Petrika Ionesco weitaus weniger nett angelegt als dies meistens der Fall ist. Wo man sonst oft Mitleid mit dem von Senta für den Holländer verlassenen jungen Jäger Erik hat, wird er hier weniger freundlich gedeutet, was einer inneren Logik entspricht. Überhaupt hat Ionesco sich viele Gedanken zur Inszenierung gemacht, die er in eindrucksvollen Bildern darstellt. Das ist ohnehin seine große Stärke. Grandios sind die Videoeinspielungen. Wie er uns gleich zu den Klängen Ouvertüre aufs Meer hinausführt, ist absolut packend. Dazu sehen wir Senta auf einem Friedhof, wie sie das Bild des Holländers wiederfindet. So kann man die ganze Inszenierung als Sentas Traum deuten. Was durchaus legitim ist.
Dieser "Fliegende Holländer" ist eine rundum gelungene Produktion, in der auch die Leistung des Chores lobend zu erwähnen ist. Noch bis Samstag steht der Holländer auf dem Programm der Lütticher Oper.