Es war ein Opernabend, den man wohl nie vergessen wird: Großartige Stimmen, ein glänzend aufspielendes Orchester, eine Inszenierung, die die Handlung nie verrät und dabei modern wirkt. Wer hätte das erwartet bei einer Oper, die zwar in ihren Entstehungsjahren ein Riesenerfolg war, danach aber in Vergessenheit geriet und heute eher selten den Weg auf die Bühne findet.
"Les Huguenots" von Giacomo Meyerbeer. Die Geschichte des Konflikts zwischen Katholiken und Protestanten, die man zu Beginn des 16. Jahrhunderts in Frankreich als Hugenotten bezeichnete. Dabei beginnt die Handlung eher wie eine Liebesgeschichte: Marguerite de Valois, die Schwester des Königs von Frankreich möchte im Kampf zwischen den Katholiken und Hugenotten vermitteln.
Dazu beitragen soll die Heirat der katholischen Valentine mit dem Protestanten Raoul. Aber aus der Ehe wird vorläufig nichts. Valentine muss auf Drängen des Vaters den Katholiken Nevers heiraten. Davon ausgehend führt uns der Librettist Eugène Scribe letztendlich zur berüchtigten Bartholomäusnacht, in der es zum Kampf zwischen den Glaubensgemeinschaften kommt.
Gleich in der ersten Szene wird dies mehr als angedeutet: Ein junger Mann schreitet zu den Klängen der Ouvertüre langsam Richtung Bühnenrand. In der Hand hält er ein Kreuz, das sich dann aber als zwei übereinander liegende Kreuze entpuppt, die er auseinander reißt.
Bilderreich ist sie von der ersten bis zur letzten Minute, die Bühnensprache von Regisseur Olivier Py. Dabei versteht er es in meist historischen Kostümen und Dekor zeitlose Aktualität zu schaffen. Er vertraut dem Text und der Musik.
Dazu dient ihm ein opulentes und doch leicht wandelbares Bühnenbild. Wir sind in der Renaissance, so wie man sie sich wohl im frühen 19. Jahrhunderts vorstellte: Streng strukturierte Häuserfassaden, die mit ihren Erkern Raum für immer neue Szenen bieten. Diese massiv wirkenden Fassaden lassen sich aber leicht verschieben, um neue Perspektiven zu ermöglichen oder gar einer Riesentreppe Platz zu machen. Kompliment an die Bühnentechniker der Monnaie.
Eine großartige Besetzung hat zum Erfolg beigetragen
Damit diese Aufführung aber zu einem solchen Erfolg wird, bedarf es großartiger Solisten. Eine bessere Besetzung als jene vom Samstagabend kann man sich kaum vorstellen. Bis in die kleinste Partie, und deren gibt es zahlreiche, haben wir es mit einem auf höchstem Niveau ausgeglichenen Ensemble zu tun. Hervorheben möchte ich die beschwörende Bassstimme von Jérôme Varnier als Raouls Begleiter Marcel, Eric Cutler sang einen engagierten und zugleich zartfühlenden Raoul. Schön zu hören, dass es noch solche Tenorstimmen gibt.
Die gerade mal 21-jährige Yulia Lezhneva begeisterte in der Hosenrolle des Pagen Urbain, aber ganz besondere Erwähnung verdient Marlis Petersen als Marguerite. Mit welcher Leichtigkeit meistert sie die höchsten Koloraturen und virtuosesten Sprünge. Man merkt gar nicht die Schwierigkeit dieser Herausforderung, nein, im Gegenteil geradezu hinreißend schön klingt und wirkt ihr Darstellung.
Auch die Chöre sind perfekt vorbereitet und Mark Minkowski leitet das Orchester mit Präzision, Tempo und den ganz unterschiedlichen Klangfarben. Denn tatsächlich schreibt Meyerbeer einerseits noch ganz im Stil eines Rossini, lässt andererseits aber ganz deutlich einen Offenbach, Verdi und sogar Wagner mehr als nur erahnen. So gespielt und gesungen versteht man, warum diese Oper einst so populär war.
Bis zum 30. Juni steht diese atemberaubende Produktion noch auf dem Spielplan der Brüsseler Oper La Monnaie, lamonnaie.be.
Bild: Clärchen und Matthias Baus