Zwei Drittel des weltbekannten Königin-Elisabeth-Wettbewerbs sind mittlerweile vorbei, und von den ursprünglich 60 jungen Pianistinnen und Pianisten sind jetzt nur noch zwölf übrig. Darunter auch ein Landsmann, der erste belgische Finalist beim "Concours Reine Elisabeth" für Klavier seit 18 Jahren.
Der Jubel war groß, als Jurypräsident Gilles Ledure am Samstagabend das Weiterkommen des jungen Wallonen Valère Burnon bekanntgab. Im Halbfinale hatte Burnon gemeinsam mit dem Orchestre Royal de Chambre de Wallonie das Klavierkonzert Nr. 9 von Wolfgang Amadeus Mozart gespielt und dabei mit einer ungewöhnlichen Interpretation Publikum und Jury überzeugt.
Insgesamt waren nur 22 statt 24 Kandidaten zum Halbfinale angetreten, nachdem zwei Pianisten aus gesundheitlichen Gründen ihren Auftritt absagen mussten. Alle Halbfinalisten mussten neben einem Klavierkonzert von Mozart auch ein etwa halbstündiges Solo-Rezital mit selbst gewähltem Programm aufführen. In diesem Rezital gab es aber auch ein Pflichtwerk, das jeder Kandidat vorzutragen hatte und das speziell für dieses Halbfinale komponiert worden war; dabei handelte es sich um die "Two Studies For Piano" der zeitgenössischen serbischen Komponistin Ana Sokolovič. In diesem Stück geht es hier und da schon etwas heftiger zu, und da muss der Pianist auch schonmal auf's Klavier schlagen, um einen perkussiven Effekt zu erzeugen.
Die diesjährige Ausgabe des "Concours" ist für die renommierte Brüsseler Musikhochschule ganz besonders erfolgreich, mit vier von zwölf Finalisten aus ihren Reihen, darunter auch der Niederländer Nikola Meeuwsen, 22 Jahre jung, der im Halbfinale großen Eindruck auf das Publikum und auch die Fachpresse gemacht hat. Wie Valère Burnon studiert Meeuwsen an der "Chapelle Musicale Reine Elisabeth" in Waterloo bei dem Dozenten Frank Braley, selbst Gewinner des Königin-Elisabeth-Wettbewerbs im Jahr 1991.
Von den übrigen Finalteilnehmern kommt die Hälfte aus Japan, ebenfalls eine erwähnenswerte Tatsache. Und schließlich sind unter den Finalisten sieben Männer und fünf Frauen - das starke geschlechtliche Ungleichgewicht der ersten Runde mit viel mehr männlichen als weiblichen Teilnehmern hat sich im Finale also mehr oder weniger ausgeglichen.
Wie geht es jetzt weiter? Die zwölf Finalisten werden für eine Woche in Quarantäne gehen, abgesondert von der Außenwelt, ohne Smartphone und ohne Internet. So können sie sich ungestört auf ihren alles entscheidenden Auftritt vorbereiten und das Pflichtwerk des Finales einstudieren, ein Werk, das sie bisher noch nie gesehen oder gehört haben und das von dem belgischen Avantgarde-Jazzpianisten Kris Defoort geschrieben wurde. Dieses Werk und ein von jedem Kandidaten frei gewähltes Klavierkonzert aus dem Standard-Repertoire werden sie dann in der Finalwoche ab dem 26. Mai im Bozar in Brüssel aufführen, gemeinsam mit dem Brussels Philharmonic unter der Leitung von Chefdirigent Kazushi Ono.
Valère Burnon ist am Dienstag an der Reihe, und nach dem Auftritt des Japaners Wataru Hisasue am Samstag werden wir vom Juryvorsitzenden Gilles Ledure erfahren, auf welchem Platz unser Landsmann gelandet ist. Eine gutes Resultat ist durchaus drin, aber ob es für den ersten Sieg eines Belgiers überhaupt in der fast 90-jährigen Geschichte des Königin-Elisabeth-Wettbewerbs reichen wird, müssen wir abwarten.
Patrick Lemmens