Die Sinfonie in d-moll ist das wohl bekannteste Orchesterwerk von César Franck, dem großen französischen Komponisten der Romantik. Ich sage "französisch", und damit ziehe ich mir wohl den Unmut meiner belgischen Landsleute zu. Also korrigiere ich mich: César Franck ist ein belgo-französischer Komponist, genauer gesagt: Er war es.
Vor etwas mehr als 142 Jahren ist er in Paris gestorben, in jener Stadt, in die er als Zwölfjähriger zum ersten Mal gereist ist, um privaten Musikunterricht zu nehmen, und die er als Erwachsener so gut wie nicht mehr verlassen hat. Als César Franck starb, war er 67 Jahre alt, und er galt als einer der größten französischen Organisten des 19. Jahrhunderts. Ein hervorragender Lehrer war er auch, und zum Ende seines Lebens hin erhielt er dann auch endlich die gebührende Anerkennung als Komponist.
Aber was uns jetzt mehr interessiert, ist der Anfang seines Lebens. Dieser ist nämlich der Grund dafür, warum es in Gemmenich die "Rue César Franck" gibt und in Kelmis das César-Franck-Athenäum. César Francks familiäre Wurzeln liegen in unserer Gegend, aber im Gegensatz zu dem, was viele Ostbelgier glauben, wurde César Auguste Jean Guillaume Hubert Franck nicht in Gemmenich geboren, sondern in Lüttich. Sein Vater, der Bankangestellte Nicolas-Joseph Franck aus Gemmenich, hatte ein Jahr vor der Geburt die junge Aachenerin Marie-Catherine-Barbe Frings geheiratet, und das junge Paar war nach der Hochzeit nach Lüttich gezogen. Und dort kam am 10. Dezember 1822 der junge César zur Welt, also vor genau 200 Jahren.
Frühes Talent
César Franck zeigte schon früh einiges Talent als Pianist, und sein Vater beschloss, ihn ganz besonders fördern zu lassen. Darum schickte er seinen zwölfjährigen Sohn zu Privatstudien nach Paris, und ein Jahr später zog dann die ganze Familie in die französische Hauptstadt, inklusive Césars jüngerem Bruder Joseph. Vater Nicolas-Joseph wollte seinen beiden talentierten Söhnen ein Studium am renommierten Pariser Konservatorium ermöglichen, aber Ausländer wurden zu diesem Zeitpunkt dort nicht zugelassen. Also blieb nur eine Möglichkeit: Der Gemmenicher musste selbst zum Franzosen werden, wodurch auch seine beiden Söhne automatisch die französische Staatsangehörigkeit erhalten würden.
1837 war es dann offiziell, und aus dem 14-jährigen Belgier César Franck wurde der junge Franzose César Franck. Er studierte am Konservatorium, war sehr begabt als Pianist und Organist, aber seine frühen Kompositionen wurden nicht wirklich beachtet. Logischerweise verlegte er sich also auf seine Tätigkeiten als Musiker und wurde schnell zum Titularorganisten an mehreren großen Pariser Kirchen. Sein Orgelspiel und seine Improvisationen beeindruckten ganz Frankreich, und im Lauf der Jahre wurde er zu einem der bedeutendsten Organisten seiner Zeit.
Später Durchbruch
Seinen Durchbruch als Komponist schaffte César Franck erst spät, in den letzten 15 Jahren seines Lebens - mit seiner einzigen Symphonie, der Violinsonate in A-dur, oder mit seinem monumentalsten Werk, "Les Béatitudes" für Orchester, Chor und Gesangssolisten - ein zweistündiges Oratorium, das die Lütticher Philharmoniker zur Feier des 200. Geburtstages von Franck am Samstag im Philharmonischen Saal in Lüttich aufführen werden. Gerade die Stadt Lüttich und ihr Orchester haben in den vergangenen zwölf Monaten eine ganze Reihe von Veranstaltungen und CD-Veröffentlichungen organisiert, um "ihren" Komponisten zu ehren.
Und wen interessiert es da, dass César Franck offiziell Franzose werden musste, um es als Musiker überhaupt so weit bringen zu können? Für die Lütticher wird er immer ein Lütticher bleiben, und für uns Ostbelgier einer von uns: Mit Wurzeln in der Euregio zog er als junger Mann hinaus in die Welt, um Großes zu erreichen - und das hat er getan. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, César Franck.
Patrick Lemmens