Martin Folz, Dirigent des Chorkonzerts, erklärt, wie das Oratorium "Annelies" mit der Geschichte von Anne Frank zusammen hängt: "Es ist ganz interessant. Ein jüdisches Mädchen betet in griechischer Sprache dieses Kyrie Eleison, Herr erbarme dich, das ein Teil eines christlichen Gottesdienstes ist. Ihr christliches Gebet zeigt, wie grenzübergreifend dieses Mädchen denkt, dass es selber gar nicht in diesen religiösen und engen Grenzen denkt", meint Martin Folz.
Ein Oratorium basiert meist auf einer biblischen Geschichte. Aus der Bibel stammt die Geschichte Anne Franks zwar nicht, dennoch lässt sich ein Bezug zur Religion herstellen. Unterstützt werden die religiösen Bilder mit musikalischen Elementen. "Wir haben diese 14 Szenen, die immer gewechselt werden: Solo, Chor, manchmal Solo mit Chor und so weiter. Es sind sehr viele jüdische Elemente mit drin, aber auch sehr viele dramatische Szenen, sehr viele erzählende Szenen. Es ist wie so ein großes Buch in Musik."
14 Sätze nicht unbedingt chronologisch
Das Oratorium trägt den Namen "Annelies", wie Anne Frank eigentlich hieß. Im Mittelpunkt stehen 14 ausgewählte Sätze aus dem Tagebuch der Anne Frank. Dabei habe der Komponist James Whitbourn aber nicht unbedingt auf die chronologische Reihenfolge geachtet, so Martin Folz. "Whitbourn beginnt mit einem Text aus April 1944, danach kommt Juli 1942. Er hat sich so seine eigene Dramaturgie dabei gemacht, wie er es aufbaut. Am Ende wird aber alles wieder sehr aktuell, wenn sie dann wirklich gefangen genommen wird. Die letzten Texte sind dann wiederum sehr visionär."
Für Martin Folz sind die Tagebucheinträge der Anne Frank eine Herzensangelegenheit. Für ihn ist es unfassbar, dass auch heute noch Naziparolen benutzt werden, wenn es beispielsweise um Themen wie Flüchtlinge oder Corona-Maßnahmen geht. "Da würde ich einfach gerne als Musiker etwas dafür tun, dass ich die Komposition von Whitbourn benutzen kann und benutzen darf - um zu erzählen, wie es diesem Mädchen damals ging."
Positive Resonanz
Die Resonanz der Zuschauer war bis jetzt durchweg positiv. Über die Aufführungen möchte Martin Folz sie zum Nachdenken bringen. "Es ist einfach dieses Darüber-Reden, dass Menschlichkeit das Einzige ist, was uns als Gesellschaft, als Zivilgesellschaft auf diesem Planeten zusammenhält."
"Ich sehe, wie sich die Welt langsam in eine Wildnis verwandelt." Mit den Worten endet das Tagebuch. Bald darauf stirbt Anne Frank in einem KZ. Dennoch hat sie bis zuletzt Hoffnung auf ein besseres und friedlicheres Leben: "Ganz am Ende meines Lebens, an einem wunderbaren Tag, schaue ich in den offenen Himmel und ich weiß, ich brauche keine Angst mehr zu haben. Weil ich weiß, wir sind alle nur Menschen."
Das Oratorium "Annelies" über das Tagebuch der Anne Frank wird am 27. Januar, dem Gedenktag der Holocaust-Opfer, in Bitburg aufgeführt. Weitere Informationen zu "Annelies" und über die geltenden Corona-Regeln gibt es auf der Webseite des Theaters Trier.
Justine Lenz
Liebe Justine Lenz
Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihren Beitrag, den ich persönlich für sehr gelungen halte.
Ich danke Ihnen sehr herzlich für Ihr Interesse an unserem Konzert!
Martin Folz
Chordirektor am Theater Trier