Halbzeit beim 65. Eurovision Song Contest. Am Samstag fand die letzte Einzelprobe statt und ab morgen (17.5.) wird das erste Halbfinale geprobt. Der sonntägliche Pausentag soll immer für die offizielle Begrüßungszeremonie vorbehalten sein: Jede einzelne Delegation schreitet über den roten Teppich, der gesäumt ist von Fotografen, Journalisten, Fans und den Bewohnern des Gastgeberlandes. Hier stellen sich die Künstler den vielen Mikrofonen, jeder möchte noch eine Einschätzung zum Abschneiden, zum Outfit, zur Bühne oder zum persönlichen Befinden erhaschen und das beste Foto schießen. Nicht so in diesem Jahr!
Die türkise Teppichfarbe würde zur Nebensache werden, wäre durch die Pandemie-Situation nicht schon eh alles anders. Die Delegationen werden unter strengsten Hygienevorschriften einzeln per Schiff zu einer Anlegestelle gebracht, keine jubelnden Menschenmassen werden den Nationen zuwinken und nur wenige Fotografen und Journalisten werden zugelassen sein. Die Mitglieder der polnischen Delegation werden unterdessen abgeschottet in ihren Hotelzimmern bleiben. In einem offiziellen Statement der EBU heißt es:
"Während eines Routinetests bei der Ankunft am Veranstaltungsort des Eurovision Song Contest am Samstag, dem 15. Mai, wurde ein Mitglied der polnischen Delegation positiv auf COVID 19 getestet. Sie waren zuletzt am Donnerstag vor Ort gewesen, als die gesamte Delegation im Besitz eines negativen COVID-19-Tests war. In Übereinstimmung mit unserem Gesundheits- und Sicherheitsprotokoll ist diese Person nun isoliert. Als Vorsichtsmaßnahme im Vorfeld der Showwoche werden die anderen Mitglieder ihrer Delegation nun einem PCR-Test unterzogen und in Quarantäne gestellt. Infolgedessen wird die polnische Delegation am Sonntag, den 16. Mai, nicht persönlich an der Veranstaltung Türkisfarbener Teppich teilnehmen."
Ob es einen Auftritt im zweiten Halbfinale am Donnerstag (20. Mai) geben wird, oder statt dessen eine Videoeinspielung erfolgt, werden wir sehen. Auch Australien nimmt ja per Videoschalte teil, weil die hohen Sicherheitsbestimmungen eine Aus- und Rückreise unmöglich machten. Was ich persönlich besonders schade finde: Auf die Backgroundvocals wurde fast überall verzichtet, was nicht heißen soll, dass es keine gibt. Es wurde in diesem Jahr erstmals gestattet, dass der Chor vom Band kommen darf, also per Playback zugespielt werden darf. Manchem Beitrag fehlt er, wie zum Beispiel bei den Niederlanden oder bei der Gospel-Ballade der Slowenin. Aber auch diese Sonderregelung wird dem Hygienekonzept gerecht: Weniger Menschen - weniger Risiko!
Und aktuell erreicht mich noch die Nachricht, dass auch ein Mitglied der isländischen Delegation positiv getestet wurde. Ist zu hoffen, dass besonders Daði Freyrs schwangere Frau Árný Fjóla nicht krank wird. Und weil die Delegationen von Malta und Rumänien im selben Hotel untergebracht sind, wurden auch sie sicherheitshalber unter Quarantäne gestellt.
Am Rotterdamer Cruise Terminal, wo normalerweise die großen Kreuzfahrtschiffe zu ihren Reisen in alle Welt ablegen, flanierten schließlich am Abend die übrigen Interpreten mit ihren Delegationen entlang des Piers. Vorsichtshalber wurde ein Glasdach über dem Teppich aufgebaut, weil das Wetter in den letzten Tagen sehr unbeständig war.
Aufgrund der aktuellen Covid-Bestimmung durften die Rotterdamer Bürger leider nicht zum Teppich kommen, um den Teilnehmern zuzujubeln und sie willkommen zu heißen. Nur eine kleine Gruppe Fotografen und Fernsehteams war zugelassen, die aus hygienesicheren Boxen fotografierten und filmten. Als schöne Geste trugen sowohl Senhit an ihrer Krone als auch Jendrik an seiner Jacke Fotos der fehlenden Künstler, um sie so doch teilhaben zu lassen. Die vier ESC-Moderatoren waren aus Covid-Vorsichtsmaßnahmen auch nicht zum Teppich gekommen und grüßten per Video. Hooverphonic schauten etwas ernst über das Spektakel.
Biggi Müller