Madame Butterfly ist und bleibt eine der sentimentalsten Opern überhaupt. Wer fühlt und leidet nicht mit der jungen Geisha Cho Cho San, die von dem amerikanischen Leutnant Pinkerton zum kurzzeitigen Vergnügen geheiratet wird?
Während sie, die er sanft Madame Butterfly nennt, an die ewige Liebe glaubt und deshalb mit ihrer Familie und Tradition bricht, sieht er in ihr nur ein kurzfristiges Liebesintermezzo, denn er wird in Amerika noch eine - wie er selber sagt - "richtige Ehe" eingehen.
Mit seiner amerikanischen Frau kehrt er drei Jahre später nach Nagasaki zurück, um Cho Cho San den gemeinsamen Sohn wegzunehmen. Da erkennt sie endlich, dass sie getäuscht wurde. Sie nimmt Abschied von ihrem Sohn und ersticht sich in der dramatischen Schlussszene der Oper.
Regisseur Alexander von Pfeil verlegt die Geschichte in seiner neuen Produktion für das Theater Aachen in die Jetzt-Zeit: Pinkerton telefoniert übers Handy mit Amerika, der Tee wird in der Mikrowelle erhitzt, der Konsul erhält natürlich per e-mail die Information von Pinkertons Rückkehr und Cho Cho San kann sich demzufolge das Notebook vor Rührung an Mund und Busen drücken. Dies ist eine sehr angemessene, ohne ins allzu plakative verfallende Übertragung, die absolut Sinn macht, allerdings auch eine gewisse Kälte verbreitet, die die Sentimentalität des Stückes nicht gerade unterstreicht. Anderseits läuft man so nicht Gefahr, ins allzu Kitschige abzudriften. Dazu trägt auch das eher nüchterne Bühnenbild bei: ein kleines Appartement, das direkt auf einem kleinen Felsvorsprung liegt.
Meist ist die Personenführung auch sehr gelungen. Dass Pinkerton der Eindringling in die japanische Welt ist, wird gleich in der ersten Szene deutlich: Er zieht im Gegensatz zu den andern nicht die Schuhe aus. Solch kleine Zeichen und Details machen die Stärke der Inszenierung aus, andererseits grenzt es schon fast ans Lächerliche, dass Suzuki, die treue Begleiterin Butterflys, bei den besonders ergreifenden Momenten ins - zum Glück - lautlose Schluchzen verfällt. Dies konterkariert fast schon die emotionale Seite der Musik. Überhaupt ist die musikalische Interpretation eher nüchtern und entspricht damit dem Spiel auf der Bühne. Das Orchester musiziert unter der Leitung von Daniel Jakobi sehr klar und transparent, überdeckt nie die Stimmen und erst ganz zum Schluss wird die dem Werk innewohnende Leidenschaft körperlich spürbar.
Insgesamt überzeugt diese Produktion dank einer geschlossenen Ensembleleistung, in der es keinen Ausfall gab. Auch bis in die kleinsten Partien ist alles angemessen besetzt. Herausragend ist vor allem die mit lang anhaltendem Beifall bedachte Irina Popova in der Titelrolle der Butterfly, Yikun Chung meistert die Partie des Pinkerton, allerdings wirkt sein Tenor in der Höhe immer ein wenig angestrengt. Hervorzuheben sind noch Astrid Pyttlik als Suzuki und Hrolfur Saemundsson als Sharpless.
Bis Mitte März sind 17 Vorstellungen vorgesehen. Diese "Madame Butterfly" wird gewiss ihr Publikum finden.
Bild: Carl Brunn