Es darf auch mal herzlich gelacht und oftmals geschmunzelt werden bei dieser Inszenierung von Gioacchino Rossinis komischer Oper "La Cenerentola". Wie amüsant und in jeder Hinsicht gelungen diese Produktion des Regieduos Cecile Roussat und Julien Lubek vom September 2014 ist, zeigt sich jetzt bei der Wiederaufnahme. Die Gags zünden immer noch, die Aufführung hat Witz und Tempo, das dank des Dirigats von Chefdirigentin Speranza Scappucci noch einen Tick schneller ist als vor fünf Jahren.
Cecile Roussat und Julien Lubek haben für die Aufführungsreihe eine Drehbühne bauen lassen, die in drei Sektionen unterteilt ist, die je nach Szene, noch einmal umgebaut werden. Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Und das nutzen die beiden ehemaligen Marcel-Marceau-Schüler konsequent. Es darf auch mal Slapstick sein, wenn etwa die noch nicht gerupfte Festtagsgans plötzlich wieder zum Leben erweckt wird, oder gleich in der Eingangsszene beim Bad der beiden "bösen" Schwestern sich ein Paar Beine in der Wanne bewegt, das sicher keiner der beiden gehören kann oder Don Magnifico bei der Weinszene eine Flasche nach der anderen aus einer einzelnen Verpackung heraus zaubert. Aber nie wirken die Pointen flach oder an den Haaren herbei gezogen.
Neben dem "Barbier von Sevilla" ist "La Cenerentola" wohl die bekannteste und meistgespielte Oper von Gioachino Rossini. Tatsächlich ist die Partitur ein wahres Feuerwerk der Opera Buffa. Da ist das italienische Parlando in atemberaubendem Tempo schon die Regel, zumal wenn Speranza Scappucci dirigiert. Sie treibt das ganze Ensemble zu wahren Höchstleistungen an. Manchmal hat man fast ein wenig Angst, dass die Sängerinnen und Sänger den temporeichen Sprint durchhalten. Da darf keiner an der falschen Stelle auch nur ein Bruchteil einer Sekunde zu spät kommen, sonst würde das Gesamtkunstwerk in sich zusammen brechen. Tut es aber nicht und so macht Rossini richtig Spaß.
In der Titelrolle ist Karine Deshayes mit ihrem ebenso leichten wie geschmeidigen Sopran die perfekte Cenerentola. Der junge Tenor Levy Sekgapane gibt sein Lüttich-Debüt. Der Südafrikaner verfügt über eine sehr schöne, den höchsten Tönen Glanz verleihende Tenorstimme, sicher nicht die raumgreifendste Stimme, aber genau richtig für den Don Ramiro. Die beiden sind die Entdeckungen des Abends, für die meisten anderen Rollen greift man auf die Solisten der Aufführungsreihe vor fünf Jahren zurück mit zwei Künstlern, die sich in der Opera Buffa pudelwohl fühlen: Enrico Marabelli als Dandini und Bruno De Simone als köstlicher Herr Papa Don Magnifico. Wieder einmal ist es ebenso schön wie lobenswert, dass Lüttichs Operndirektor Stefano Mazzonis auch belgische Solisten in die Produktion einbindet mit Laurent Kubla mit volltönendem Bass als Strippenzieher Alidoro sowie Sarah Defrise und Angélique Noldus als die beiden Schwestern Clorinda und Tisbe.
Bis Silvester steht "La Cenerentola" auf dem Programm der Lütticher Oper. Schöner als mit Rossini kann man kaum das Neue Jahr begrüßen.
Hans Reul