Der Regisseur Philippe Sireuil konnte ja schon in der vorigen Saison in Lüttich mit seiner Rigoletto-Inszenierung begeistern. Für ihn stellt der Maskenball eine ganz besondere Herausforderung dar, da das Libretto schon zur Entstehungszeit durch Eingriffe der Zensur maßgebliche Änderungen erfuhr, die einer stringenten Logik nicht gerade dienlich waren.
Sireuil verlegt die Geschichte aus dem Amerika des 18. Jhdts in die 1960er Jahre. Aus dem Gouverneur von Boston ist der Präsidentschaftskandidat Riccardo geworden, der sich in Amelia, die Ehefrau seines besten Freundes Renato, verliebt hat. Amelia ist einer Affäre auch nicht abgeneigt, aber sie steht andererseits treu zu ihrem Mann.
Derweil planen politische Gegner ein Attentat auf Riccardo. Die Wahrsagerin Ulrica prophezeit Riccardo, dass derjenige, der ihm als erster die Hand reiche, zu seinem Mörder würde. Da dies sein Freund und politischer Weggefährte Renato ist, macht sich Riccardo keine Sorgen. Als dieser aber hinter den vermeintlichen Ehebruch und Vertrauensbruch kommt, wird er Riccardo beim Maskenball töten. Aus dem Munde des Sterbenden erfährt er allerdings noch, dass Amelia den Ehemann nie betrogen hat.
Sireuil präsentiert die fünf Akte in fünf verschieden Bühnenbildern. Aus dem Gouverneurspalast wird im ersten Akt ein Luxushotel, die Hütte der Wahrsagerin Ulrica steht in einem heruntergekommenes Stadtviertel mit Obdachlosen, mit Hippies und einer gewissen Voodoo-Stimmung, das heimliche Treffen Riccardos mit Amelia findet in einer Tiefgarage in einem veritablen Cadillac statt, danach sind wir im kühlen an Gemälde von Edward Hopper erinnernden Appartement des Ehepaares und zu guter Letzt in einer Aula, die als Parteiconvent und Ballsaal dient.
Das hat fast schon cinematographische Qualitäten und ist sehr detailgetreu, jeder Akt in sich ein treffendes Abbild der Kennedy-Ära, denn an diese Familiensaga muss man fast zwangsläufig denken. Leider verlangen diese Bühnenbilder aber recht lange Umbaupausen, sodass die übergreifende Spannung ein wenig verloren ging.
Dieser nüchternen Szenerie setzt der Dirigent Massimo Zanetti mit dem Orchester eine zupackende von schönster Italianata geprägte musikalische Deutung gegenüber, aber beides ergänzt sich auf wunderbare Art. Und gesungen wird auf sehr hohem Niveau. Vor allem George Petean als Renato begeisterte auch als Darsteller, hingegen Aquiles Machado als Riccardo und Chiara Taigi als Amelia wirkten schauspielerisch nicht ganz eingebunden, stimmlich hingegen hervorragend.
Bis kommenden Samstag steht "Un ballo in maschera" noch drei Mal auf dem Programm der Königlichen Oper der Wallonie in Lüttich.
Bild: epa