Mit diesem Ergebnis hatte niemand gerechnet und die Reaktionen des Publikums waren auch eindeutig, als Jurypräsident Gilles Ledure kurz nach Mitternacht die Ergebnisse verlas. War der Applaus für die Siegerin Stella Chen eher verhalten höflich, schlug dem zweitplatzierten Kanadier Timothy Chooi eine wahre Welle der Sympathie entgegen.
Der 25-jährige Chooi hatte wie Stella Chen am Freitagabend gespielt und beide hatten als Wahlwerk das Konzert von Tschaikowsky interpretiert. Chen mit einer sehr soliden Wiedergabe, Timothy Chooi mit einem atemberaubenden Auftritt, der mit lang anhaltenden Standing Ovations bedacht wurde und ihn nach Meinung der meisten Wettbewerbsbeobachter zum absoluten Favoriten auf Platz eins machte.
Aber die Arithmetik der Zahlen sprach dann eine andere Sprache: Beim Concours Reine Elisabeth gibt es keine abschließende Diskussion unter den Juroren, sondern die Punkte aller Jurymitglieder werden addiert. Wahrscheinlich hat Chooi im Kreise der Jury etwas polarisiert. In jedem Fall wird sein Finalauftritt in nachhaltiger Erinnerung bleiben.
Auch der Drittplatzierte, der Amerikaner Stephen Kim, hatte schon am Dienstag überrascht, unter anderem dadurch, dass er als einziger der zwölf Finalisten das Pflichtwerk "Fidl" auswendig gespielt hatte. Den vierten Platz belegt mit Shannon Lee eine weitere Amerikanerin, gefolgt von der Ungarin Julia Pusker und der Rumänin Ioana Cristina Goicea.
Unsere Landsfrau Sylvia Huang zählt zu den nachfolgenden Laureaten. Ein sehr schönes Resultat für die 25-jährige, die zudem den Publikumspreis gewinnen konnte.
Hans Reul