In Lissabon sind es nicht ganz so viele Volunteers wie beispielsweise in Wien (da waren wir unglaubliche 800 helfende Frauen und Männer), aber auch hier schwirren sie überall herum, beantworten Fragen, kümmern sich um die einzelnen Delegationen und sortieren Promomaterial in die Pressefächer.
Alles das muss koordiniert werden, denn jeder muss wissen, wann er wo eingeteilt ist. Das macht Volunteer-Koordinator Brunel Muba. Brunel lebt seit sieben Jahren in Lissabon und arbeitet freiberuflich unter anderem als Sport-Manager und für die Fluglinie "Emirates". Der 32-jährige Brüsseler mit kongolesischen Wurzeln reist um die ganze Welt. Auf meine Frage, welches seine drei Favoriten beim diesjährigen ESC sind, nannte er Belgien, Australien und Israel. Dank Brunel ist der Weg zu Halle für mich gesichert: er hat eigens für mich Volunteers Toby, den ich noch aus Wien kenne, für mich abgestellt, wann immer ich ihn brauche.
Unterdessen ist Sennek undercover in Lissabons Straßen unterwegs. Sie hat ihr Lied dabei und will von den Passanten wissen, wie es ihnen gefällt und ob es Chancen auf den Sieg hat. Erst danach outet sie sich als Komponistin und Sängerin des Songs. Die Ergebnisse der Umfrage waren nicht unbedingt sehr vorteilhaft. Vielleicht ist das der Grund, warum die 28-Jährige bei ihrer zweiten Probe noch ein bisschen drauflegte. Diesmal konnte ich sie live auf der großen Bühne erleben. Das Kleid der belgischen Designerin Veronique Branquinho ist teils schwarz, teils transparent und wirkt auf Fotos sehr steif. In der Bewegung aber passt es absolut zu Sennek. Veronique Branquinho war beim Entwurf des Kleides wichtig, dass es lichtdurchlässig ist.
Mir persönlich fehlt noch etwas bei der Inszenierung. Sennek hat sich für ihre Performance nicht die große Bühne ausgesucht, sondern den Laufsteg im Publikum. Ein Chor beispielsweise würde ein bisschen mehr Dynamik in den Auftritt bringen. Aber das ist ja bekanntlich Geschmacksache und da soll sich jeder am 8. Mai ein eigenes Bild machen. Insgesamt wirkt Sennek aber bei ihrer zweiten Probe lockerer.
Wie jedes Jahr steht während der ESC-Zeit auch ein Empfang beim belgischen Botschafter in der jeweiligen Stadt an. So machte sich die gesamte belgische Delegation samt Presseschar auf zur wunderschönen Residenz seiner Exzellenz, Botschafter Boudewijn Dereymaeker an der Praça Marquês de Pombal. Unser Botschafter sagte während des Besuches: "Diese Woche trete ich in meiner Position zurück, weil Sennek jetzt der wahre Botschafter Belgiens in Lissabon ist!"
Zeit für Sightseeing bleibt nicht viel. Das ist natürlich auch dem Umstand geschuldet, dass ich als derzeitige "Fußkranke" in Lissabon sehr schlecht aufgehoben bin. Nicht nur, dass die wunderbare Stadt am Tejo sehr viele Steigungen und Gefälle hat, der großartige, gemusterte Bodenbelag aus kleinen Pflastersteinen auf den Gehwegen ist aus meiner eigenen, ungeübten Kraft nicht rollbar. Die U-Bahn-Stationen haben zwar zum größten Teil Fahrstühle, aber die Waggons haben einen bordsteinhohen Einstieg. Der Blick, den der Weg zum Pressezentrum täglich bietet, entschädigt ein wenig.