Was gibt es Schöneres als von einem Konzert- oder Opernabend positiv überrascht zu werden. Mit "Le Domino Noir" ist dies der Lütticher Oper aufs Vortrefflichste geglückt. Solch eine unterhaltsame, witzige und durchgehend temporeiche Aufführung konnte man nicht unbedingt erwarten, aber dem ganzen Produktionsteam, von Regie über Dirigent, Solisten zu Orchester und Chor, von Bühnen- zu Kostümgestaltung ist es gelungen, dieser Opéra Comique die Komik und Leichtigkeit zu schenken, die das Werk verdient.
Die Handlung ist schnell erzählt: Angèle ist eine junge Novizin, die inkognito einen Ball der spanischen Königin besucht. Dort trifft sie Horace, beide verlieben sich ineinander. Aber sie möchte dieser unmöglichen Liebe enteilen, um Äbtissin zu werden. Aber die Geschichte nimmt einen anderen Lauf und am Ende wird sie mit Horace den Bund der Ehe schließen.
1837 brachte Auber die Oper heraus, sie war damals ein Riesenerfolg, geriet aber bald in Vergessenheit. Das lag wohl an den langatmigen Dialogen, die zwischen den einzelnen Arien, Duetten und Chorsätzen von den Sängern auch schauspielerisches Talent verlangen. Da war es gut, dass man in Lüttich mit Valérie Lesort und Christian Hecq zwei fantastische und fantasievolle Komödianten für die Regie engagieren konnte, die der ganzen Geschichte Tempo verleihen, ohne in Plattitüden oder krampfhafte Aktualisierungen zu verfallen.
Patrick Davin, der Dirigent, hat uns vorab schon von der engen und sehr fruchtbaren Zusammenarbeit berichtet.
Anne Catherine Gillet ist die ideale Besetzung der Angèle. Hier kann sie ihre Spielfreude voll ausleben und sie wird den anspruchsvollen Koloraturen mit stupender Leichtigkeit gerecht. Aber auch die anderen Mitwirkenden stehen ihr in nichts nach. Da wäre Cyrille Dubois hervorzuheben, der mit mit strahlendem Tenor den Horace gibt. Marie Lenormand ist eine urkomische Jacinthe, überhaupt ist jede Rolle typengerecht besetzt. Und immer wieder überraschen die Regisseure mit neuen Einfällen im Minutentakt. Da wäre zum Beispiel das Spanferkel, das direkt aus der Muppets-Show entsprungen sein könnte und immer wieder mit Kopfwackeln das Geschehen im zweiten Akt zu kommentieren scheint, oder im dritten Akt die Marmorstelen, die urplötzlich lebendig werden und kurz mitspielen. Das ist Vaudeville auf hohem Niveau.
Und es zeigt sich, dass der Chor der Lütticher Oper, der einem bei manch einer Inszenierung eher hüftsteif vorkommt, sich wunderbar und temperamentvoll bewegen kann, wenn er dann von guten Regisseuren dazu angehalten wird.
Dirigent Patrick Davin ist ebenfalls in seinem Element, lässt das Orchester der Königlichen Oper der Wallonie mit Verve, Liebe zum Detail und einem musikantisch wunderschönen Bogen die Partitur zum Leuchten bringen.
Einen solch amüsanten Opernabend erlebt man nicht alle Tage. Dem Lütticher Haus ist mit dieser Coproduktion mit der Opéra Comique in Paris ein echter Coup gelungen.
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Hans Reul