Wie schreibt Christoph Waltz im Programmbuch: "In der Oper liegt der Fokus auf der Musik. Das mag ein wenig simpel und unorthodox klingen, aber die Musik ist mir wichtiger als die eigentliche Handlung". Tatsächlich würde man sich bei mancher Opernproduktion etwas mehr Respekt vor der Musik von Seiten des Regisseurs wünschen, aber wenn wie bei diesem "Falstaff" die Regie fast zu einer konzertanten Aufführung wird, dann fragt man sich, warum dann überhaupt eine Inszenierung?
Christoph Waltz lässt die beiden ersten Akte der bekannten Geschichte um den Lebemann Falstaff, der sich ja immer noch für unwiderstehlich hält und ein und denselben Liebesbrief an zwei befreundete Damen schickt, die sich natürlich einen Spaß daraus machen, den Schwerenöter reinzulegen, in einem Bühnenbild spielen, das fast wie die Bühne eines in die Jahre gekommenen Dorfsaales aussieht. Ein gräulicher Vorhang bildet die Rückwand, davor steht ein großer Tisch, der zum Catwalk wird, und eine Sitzbank. Natürlich wird auch der unvermeidliche Wäschekorb herangeschleppt, in dem Falstaff sich verstecken kann und mit dem er dann in die Themse geworfen wird. Das ist alles für die beiden ersten Akte.
Aber Waltz und sein Bühnenbildner Dave Warren landen dann doch noch für den dritten Akt einen echten Theatercoup. Denn als der Vorhang sich hebt, sieht man das Orchester und den Chor auf einer mehrere Etagen hohen Estrade im Hintergrund der Bühne. Sie bilden den Wald von Windsor. Das sieht toll aus und ist für die Musiker sicher eine besondere Herausforderung, unter diesen räumlichen Umständen zu spielen. Aber Dirigent Tomas Netopil hält seine Truppen zusammen. Schon in den beiden ersten Akten kam der Witz der Oper eher aus dem Orchestergraben. Jetzt im Finale waren auch nur ganz zu Beginn leichte Temposchwierigkeiten zu bemerken.
Wenn Falstaff das Schlussensemble "Tutto nel mondo è burla, Alles ist Spaß auf Erden" anstimmt, dann stehen alle Mitwirkenden in Straßenkleidung auf der Bühne und damit schließen sie natürlich uns alle ein.
Gesungen wurde am Premierenabend auf sehr gutem Niveau, allen voran Craig Colglough als Falstaff, Iris Vermillion gibt der Miss Quickly die dunklen Töne und den schelmischen Charakter, Anat Edri ist eine bezaubernde Nanetta und alle weiteren Protagonisten stehen ihnen in nichts nach. Man wird den Eindruck nicht los, dass man auch darstellerisch aus diesem Ensemble viel mehr hätte herausholen können. Sicher muss Verdis Alterswerk nicht als klamaukhafte Posse auf die Bühne gebracht werden, aber ein bisschen mehr Spielwitz hätte nicht geschadet.
Bis Silvester wird "Falstaff" in Antwerpen gegeben und vom 10. bis 20. Januar in Gent.
Mehr unter operaballet.be.
Hans Reul