Opera Seria trifft auf Opera Buffa, die hehre Opernkunst auf reinen Spaß, Das ist die Quintessenz dieser Oper, die Richard Strauss nach einem Libretto von Hugo von Hoffmansthal komponierte. Im Vorspiel zum eigentlichen Einakter - das Werk dauert insgesamt rund zwei Stunden und wird ohne Pause durchgespielt - erfahren wir, dass ein reicher Wiener Bürger nicht wie ursprünglich vorgesehen eine Opera Seria, eben Ariadne auf Naxos und eine amüsante Opera Buffa hintereinander aufführen lassen möchte, sondern gleichzeitig, was natürlich das gesamte Team der Opera-Seria-Produktion zur Verzweiflung treibt. Aber da gibt es nichts zu diskutieren. Das macht der Haushofmeister, in Aachen allzu schneidig dargestellt, auch im Brüllton deutlich. Also ergeben sie sich dem Schicksal.
Komödie funktioniert
Richard Strauss ging es darum die Unterschiede zwischen den beiden Operngenres auf unterhaltsame Art und Weise darzustellen. Das Werk findet in Aachen die für das Haus bestmöglichen Protagonisten, denn gesungen und musiziert wird auf erstaunlich hohem Niveau. Regisseur Joan Anton Rechi scheint sich aber weniger um die Gegensätze von ernst und heiter zu kümmern, nein, er will sich und uns wohl einen Spaß machen, der den ganzen Abend zu einer einzigen klamaukartigen Komödie werden lässt. Und das überraschende: Es funktioniert. Da wird jede Szene der "Ariadne" zu einer Parodie auf die übertrieben theatralischen Gesten der Sänger, der an Flamenco- oder Tango-Spektakel erinnernde Gegenpol der eingefügten Opera Buffa wird ebenso klamottenartig auf die Schippe genommen. Das gesamte Ensemble kann sich mit jeder Menge Spiellust austoben.
Regiekonzept kohärent
Und dies in einem sehr schönen Bühnenbild: Ein sich nach hinten zuspitzender Salon mit fünf Türen, die ausgiebig für Ein- und Abgänge genutzt werden. Wenn man sich einmal an das ständige Türenschlagen im Vorspiel zur Oper gewöhnt hat, wird dies zu bestem Boulevardtheater. Dazu tragen auch die Kostüme bei, hier hat Merce Paloma der Phantasie freien Lauf lassen können. Die Lichtregie trägt das ihre dazu bei, dass dies alles stimmig ist. Selbst wenn es mal ab und an etwas zu "klamottig" wird, trägt das Regiekonzept und ist von erfreulicher Kohärenz.
17 Solisten verlangt das Werk und die Ensembleleistung ist von durchgehend hohem Niveau. Herausragend sind die Aachener Haussopranistin Irina Popova als Ariadne mit farbenreicher Stimmgestaltung, der Tenor Cooper Nolan, der grandios die Klippen der Doppelrolle als Tenor im Vorspiel und später als Bacchus meistert und überragend ist Marielle Murphy als quirlige und jede Koloraturhürde meisternde Zerbinetta.
Abdullah zaubert
Und was Kazem Abdullah mit seinem nur 38 Musiker umfassenden Orchester aus dem Graben zaubert, verdient höchste Anerkennung. Man spürt die zeitliche Nähe zum "Rosenkavalier" und Abdullah lässt feinste Farbschattierungen aufsteigen. Die Tempi sind dem Bühnengeschehen entsprechend spritzig gewählt und nie überdeckt er die Sänger. Dass ihm am Premierenabend die größten Ovationen zuteil wurden, ist absolut nachvollziehbar und ein Beweis für die Anerkennung, die sich Kazem Abdullah in Aachen in seiner fünfjährigen Amtszeit als Generalmusikdirektor beim Publikum verdient hat. Um so bedauerlicher und für einen Außenstehenden nur schwer nachvollziehbar, dass sein Vertrag nicht verlängert wurde.
"Ariadne auf Naxos" steht bis zum 8. Juli noch neun Mal auf dem Programm des Theaters Aachen.
Text: Hans Reul - Foto: Theater Aachen