Um es gleich vorweg zu sagen: Einen solch stimmigen, spannenden und unterhaltsamen Opernabend erlebt man nicht alle Tage. Giacomo Puccini schuf mit "Il Trittico" drei Einakter, die unterschiedlicher kaum sein könnten und doch ein großes Ganzes ergeben, in dem es um Liebe und Tod geht.
Das verbindende Element der drei Opern ist in der sehr schlüssigen Inszenierung von Mario Corradi ein Kinderwagen. Bevor überhaupt der erste Ton des krimiähnlichen Eifersuchtsdramas "Il Tabarro" ("Der Mantel") erklingt, sehen wir, wie Giorgetta ihr Kind erstickt. Giorgetta ist in den jungen Luigi verliebt. Das bleibt ihrem Ehemann Michele natürlich nicht verborgen und er wird mit dem Mantel, der ursprünglich das Liebesglück des Ehepaares behütete, den Nebenbuhler töten.
In einem sehr nüchternen Bühnenbild, das von einer aus großen Quadern bestehenden Kette, die gefährlich über dem Geschehen hängt, bestimmt wird, erzählt Corradi die Geschichte. Dabei wissen die drei Protagonisten stimmlich absolut zu überzeugen: Woong-jo Choi, der Hausbariton, als Michele so gut wie schon lange nicht mehr, ebenso der russische Tenor Alexey Sayapin als Luigi und sehr erfreulich war das Wiedersehen mit Linda Ballova als Giorgetta. Sie hatte schon vor einigen Jahren in Aachen als Rusalka und Jenufa geglänzt.
Bevor Suor Angelica im zweiten Operneinakter ins Kloster eintritt, sehen wir wieder den Kinderwagen. Angelica wird dieser entrissen, denn ein uneheliches Kind passt nicht ins adlige Familienbild und Angelica muss ins Kloster. Hier beweint sie den Verlust ihres Sohnes. Die lyrische Tragödie ist ja nur mit Frauenstimmen besetzt. Am Premierenabend sang Irina Popova die Rolle der Angelica und besonders konnte Marion Eckstein als Fürstin überzeugen.
Die zahlreichen Rollen der Nonnen werden von Hauskräften aus dem Chor gesungen. Und man kann die Ensembleleistung der gesamten Produktion gar nicht hoch genug bewerten, gilt es doch insgesamt rund vierzig Partien zu besetzen. Chapeau und Respekt. Das Theater Aachen kann stolz auf das gesamte Hausensemble sein, auch wenn die Einsätze des Damenchores, wohl auch aufgrund der Bühnendisposition, nicht immer ganz perfekt waren. Aber das ist nur eine kleine Randnotiz, die den Gesamteindruck nur unwesentlich trüben konnte. Denn das Beste sollte noch kommen mit der Komödie "Gianni Schicchi".
Hier geht es um Erbschaftsstreit und Liebesglück. Die bucklige Verwandtschaft erfährt, dass der Erbonkel Buoso Donati sein Vermögen einem Kloster vermacht hat. Da ist Eile geboten und in Giannni Schicchi findet man den idealen gerissenen Mitstreiter. Als dahin siechender Donati diktiert er dem Notar ein neues Testament, in dem er sich vor allem selber bedenkt wird und was letztendlich auch dazu führt, dass seine Tochter Lauretta ihren geliebten Rinuccio heiraten kann.
Natürlich taucht der Kinderwagen wieder auf. Aber jedem ist bei der berühmten "O mio babbino caro"-Arie klar, dass Lauretta einem freudigen Ereignis entgegen sieht. Suzanne Jerosme sang die Lauretta, Alexey Sayapin war Rinuccio und grandiosen Spaß verbreitet Enrico Marabelli in der Titelpartie. Auch hier ist die Regie bei allem sprudelnden Leben, nie plump. Köstlich ist, wie Schicchi ein Licht aufgeht und eine von der Bühnendecke herabschwebende Glühbirne ihm die einleuchtende Idee bringt.
Besonders erwähnen möchte ich noch die herausragende Leistung des Orchesters. Generalmusikdirektor Kazem Abdullah leitete sein Orchester mit Hingabe und Verve. Für jeden der drei Einakter fand er den angemessenen Ton und Stil.
Das Theater Aachen hat mit Puccinis "Il Trittico" ein Glanzlicht dieser Saison gesetzt. Ein Besuch ist unbedingt zu empfehlen.
Hans Reul - Bilder: Carl Brunn/Theater AachBn