Wenn am Ende der Aufführung zum wiederholten Mal das Orchester zum berühmten Can Can ansetzt und das gesamte Ensemble auf der Bühne das Tanzbein schwingt, dann lässt sich das Publikum nicht lange bitten und klatscht im Rhythmus mit. Ein überaus heiterer Offenbach-Abend findet seinen perfekten Abschluss und man kann sich gut vorstellen, wie am Silvesterabend die Champagner-Korken knallen werden.
"Orpheus in der Unterwelt" ist ein köstliches Vergnügen, ein schwungvolles Spektakel, das ein Garant für gute Laune ist. Die Wiederaufnahme der Inszenierung von Claire Servais aus dem Jahr 2007 hat nichts an Schwung verloren, im Gegenteil man hat den Eindruck, dass die Produktion, die in den letzten Jahren in verschiedenen anderen Häusern gezeigt wurde, gereift ist.
Bei Claire Servais ist Eurydice die Concierge des Opernhauses, in dem ihr Gatte Orpheus singt. Die beiden sind in Liebesdingen aber andersweitig unterwegs, was von der "Öffentlichen Meinung" - in diesem Fall eine aufgeregte Boulevardjournalistin - aufgedeckt wird. Skandal, der auch die Götter auf den Plan ruft, zumal Pluto Eurydices Liebhaber ist. Damit kann das Spiel sowohl im Himmel, auf Erden als auch in der Unterwelt beginnen.
Claire Servais hat mit Jodie Devos die ideale junge spielfreudige und gerade in den sphärischen Höhen tonsichere Eurydice, und für Jodie Devos ist es emotional bewegend die Rolle zu übernehmen, denn als junge Studentin hat sie diese Produktion damals in Lüttich gesehen ohne zu ahnen oder gar zu hoffen, dass sie neun Jahre später selber auf der Bühne stehen würde.
Auch Papuna Tchuradze weiß als Orphée zu begeistern. Das gilt für fast alle Darsteller, und "Orphée aux Enfers" verlangt eine Riesenbesetzung. Herausragend und unvergleichlich komisch ist Frédéric Longbois als John Styx, unter den zahlreichen Bewohnern des Olymps ragt neben Pierre Doyen als Jupiter, Natacha Kowalski als Cupidon heraus.
Das Orchester braucht nach einer erschreckend schwerfällig wirkenden Ouvertüre unter der Leitung des jungen Lütticher Dirigenten Cyril Englebert eine gewisse Zeit um den typischen musikalischen Offenbach-Esprit rüberzubringen, aber am Ende sind auch sie voll ins heitere Treiben eingebunden. Amüsanter als mit "Orphée aux Enfers" kann das Jahr kaum ausklingen.
Hans Reul - Bilder: Lorraine Wauters/Opéra Royal de Wallonie