95 Jahre nach der Erstveröffentlichung läuft der Urheberschutz aus. Das sieht das US-amerikanische Urheberrecht so vor. Und das ist jetzt der Fall für den Film "Steamboat Willie". Der dauert acht Minuten und darin sieht man Micky Maus am Steuer eines Dampfschiffs.
Auch Minnie Maus gab es damals schon. Allerdings sah Micky noch nicht genauso aus wie heute. Die Nase war länger, die Augen hatten keine Pupillen und die Hose war auch noch nicht rot, weil der Film in schwarz-weiß war.
Eigentlich wäre das Urheberrecht an dieser Micky Maus schon viel früher abgelaufen, nämlich 1984. Aber dann wurde es zwei Mal um 20 Jahre verlängert. Das Gesetz hieß offiziell "1998 Copyright Extension Act", aber im Volksmund wurde es "Mickey Mouse Protection Act" genannt. Denn es war unter anderem Disney, das sich sehr für die Verlängerung der Frist eingesetzt hatte.
Markenschutz gilt weiter
Im Grunde darf nun jeder die Micky Maus, wie sie vor 95 Jahren aussah, frei verwenden. Wohlgemerkt gilt das nur für die alte Micky Maus und nicht für die späteren Darstellungen. Die aktuelle Micky Maus ist weiterhin voll geschützt.
Andere Zeichner dürfen aber die alte Darstellung kopieren und eigene Geschichten damit erzählen. Aber – und jetzt wird es doch kompliziert – die Ur-Micky-Maus darf nur so verwendet werden, dass sie nicht an Disney erinnert. Das liegt am Markenrecht. Der Urheberschutz ist zwar ausgelaufen, der Markenschutz "Disney" hingegen läuft nie ab.
Micky ist nicht nur eine Kunstfigur, sondern eben auch so etwas wie ein Logo für Disney. Der Konzern hat also weiterhin die Kontrolle darüber, welche Produkte und Dienstleistungen unter Verwendung des Micky-Maus-Motivs verkauft werden dürfen. Einfach die alte Micky auf eine Brotdose drucken und verkaufen, das könnte schon schwierig werden.
Disney will weiter Geld mit Figuren verdienen
Rechtsexperten in den USA gehen davon aus, dass der Fall noch einige Gerichte beschäftigen wird. Disney wird dann entscheiden, wo es seine rote Linie zieht und gegen wen es wann in einen Rechtsstreit gehen wird. Der Verlust des Urheberrechts hat also vor allem symbolischen Charakter.
Disney ist in der Vergangenheit sehr rigoros und streng mit seinen Markenrechten umgegangen. Disney hat seine Figuren mit allen Mitteln geschützt. Logisch, Disney hat die Figuren groß gemacht, um damit Geld zu verdienen.
Ein paar Beispiele: In den 1990er Jahren hatte Disney drei Kindertagesstätten in Florida rechtliche Schritte angedroht, weil sie ihre Wände mit Disney-Figuren geschmückt hatten. 2020 wollte Disney 250 Euro Schadensersatz von einer US-Schule haben, weil dort während einer Wohltätigkeitsveranstaltung "Der König der Löwen" gezeigt wurde. Dieser Vorfall löste einen solchen Sturm der Entrüstung aus, dass sich der CEO von Disney persönlich entschuldigte.
Micky bleibt Disney-Botschafter
Auch die Ansage zum ausgelaufenen Urheberrecht an der Ur-Micky hat Disney deutlich kommentiert: Micky werde weiterhin eine wichtige Rolle als Botschafter für Disney in seinen Geschichten, Themenparks und Merchandise-Artikeln spielen, heißt es in einer Erklärung. Gefolgt von: "Wir werden sicherstellen, dass es bei den Kunden keine Verwirrung durch die unautorisierte Verwendung von Micky und unseren anderen Figuren gibt." Also: Disney wird nicht alles durchgehen lassen.
Olivier Krickel