Sie wollen Schriftstellerin, Filmregisseur oder Schauspielerin werden, Medizin studieren, Koch werden oder einen Job in Dubai finden. Es sind Jugendliche aus Aleppo, der zweitgrößten Stadt Syriens im Norden des Landes. Willi Filz hat sie in ihrem privaten Umfeld fotografiert und nach ihren Träumen gefragt.
"Eigentlich ist es keine Überraschung, dass die Träume von jungen Menschen ähnlich sind. Sie wollen nach Hollywood, sie wollen eine Firma gründen, ihr Studium zu Ende bringen, sie wollen reisen. Das ist das Tiefgründige an meiner Arbeit, dass man Menschen wiedererkennt, die aus einem anderen Kulturkreis sind", erzählt der Fotograf.
Willi Filz ist mehrmals nach Syrien gereist, und das Land und seine Menschen sind ihm ans Herz gewachsen. Die meisten Fotos, die am Grenzübergang Köpfchen gezeigt werden, sind noch während des Krieges entstanden. "Die Reise 2020 hat mich tief berührt. Den ganzen Monat, als ich da war, gab es rund um Aleppo Bombardierungen. Die Gewalt und gleichzeitig der Alltag - das hat mich sehr berührt."
Authentisch, direkt und klar - so nehmen Betrachter die Fotos von Willi Filz wahr. Die Ausstellung hinterlässt tiefe Eindrücke bei den Besuchern und bringt eine andere Perspektive auf Syrien und seine Menschen als die Nachrichtenwelt. "Sehr beeindruckend. Das macht nachdenklich. Das sind Jugendliche wie unsere Jugendlichen. Sie haben die gleichen Träume, aber leider ohne die gleichen Perspektiven", sagt eine Besucherin.
"Überraschend finde ich die positive Einstellung der Menschen", so ein Besucher. "Bei all den Erfahrungen kommt keine Verbitterung rüber. Die Träume sind nicht zerstört. Trotz allem haben sie den Glauben an das Leben."
Eine weitere Besucherin ist tief berührt: "Diese Gesichter, die mich ansehen. Ich habe den Eindruck, die gucken mich direkt an. Ich kann den Blick nicht loslassen."

Während im alten Zollhaus Porträts hängen, zeigen die großformatigen Fotoplanen draußen am Roten Steg auch Alltagsszenen aus Aleppo und Damaskus. Die Aufnahmen entstanden bei der letzten Reise von Willi Filz nach Syrien im Mai dieses Jahres. Nach dem Sturz der Assad-Diktatur hat er dort eine veränderte Stimmung wahrgenommen. "Es ist eine große Unsicherheit, vor allem in der Kunstszene."
Wie geht es weiter mit den jungen Menschen, die Willi Filz porträtiert hat? Einige sind schon vor Kriegsende geflohen, andere sind im Land geblieben. Für den 28-jährigen Yaman hat sich der Traum erfüllt. "Er wollte ein berühmter DJ werden. Die Technoszene in Syrien lebt. Und er ist einer der Großen davon."
Willi Filz hält den Kontakt zu Syrien und den Menschen dort. Im Oktober will er wieder dorthin reisen und in Aleppo eine Ausstellung mit seinen Fotos zeigen.
Michaela Brück